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Mark Owen – Ein Ex-Teenie-Idol tingelt durch die Lande

| Fabian Burstein |

Erinnern Sie sich an Mark Owen? Der Mädchenschwarm der Boygroup Take That brachte in den Neunzigern Millionen Fans an den Rand eines Nervenzusammenbruchs. Nach dem Split verschwand das Teenie-Idol in der Versenkung. Im Dezember beehrte der mittlerweile 33-Jährige die Wiener Arena mit seinem Soloprojekt.

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„Unfortunately, the rumours are true. How Deep Is Your Love is going to be our last single together and the Greatest Hits is going to be the last album and from today … there’s no more!“ Eine Pressekonferenz, ein Satz, ein Erdbeben für Krisenhotlines in ganz Europa: Mit der Bekanntgabe ihres Splits am 13. Februar 1996 lösten Take That eine Hysterie aus, die dank eines kolportierten Selbstmordversuchs in einer Wiener Schule auch hierzulande ihre Kreise zog.

Seit nunmehr zehn Jahren ist Take That & Party – so der Titel des Debütalbums der britischen Antwort auf New Kids on the Block – nur noch bei nostalgischen Retro-Festen Programm. Was dem vorzeitig verabschiedeten Robbie Williams im vergangenen Jahrzehnt viele Millionen auf dem Bankkonto bescherte, blieb den vier verbliebenen Mitgliedern Gary Barlow, Mark Owen, Jason Orange und Howard Donald in ihrem Leben nach Take That verwehrt: eine lukrative Solokarriere abseits des Boyband-Hypes.

Vor allem bei Mark Owen sorgte die chronische Erfolglosigkeit für Erstaunen: Mit dem Leadsänger-Karma des herzerweichenden MegahitsBabe ausgestattet, traute man dem Mädchenschwarm auch ohne Bandkollegen, und vor allem ohne Songwriter-Diktator Gary Barlow, eine viel versprechende Laufbahn im Showbusiness zu. Doch die ersten Solo-Schritte unter den Fittichen des legendären Stone-Roses- und Radiohead-Produzenten John Leckie erwiesen sich als sperrig: Zu viele Indie-Töne für Charterfolge, zuviel Pop-Appeal für die alternative Musik-Community. Lediglich der Gewinn des englischen Celebrity Big Brother konnte dem Ex-Superstar noch einmal eine breite mediale Öffentlichkeit verschaffen.

2005 erschien Mark Owens jüngstes Solowerk How the Mighty Fall, ein von der Fachpresse weitgehend freundlich rezensiertes Album mit unverkennbaren Britpop-Anleihen. Die dazugehörige Tour führte den ehemaligen Star auch in die Wiener Arena. Vor dem Konzert sinnierte ein aufgeräumter Mark Owen im ray-Interview über seine Rolle zwischen Popkult und Alternative-Identität. Kurz vor dem Gespräch wurde die Reunion von Take That – ohne Robbie Williams – bekannt gegeben. Ein Deal, der jedem Mitglied 2,2 Millionen Euro Gage bringen soll.

Als wir gehört haben, dass Sie in Wien spielen, dachten wir an einen Indie-Musiker, der mal bei Take That war. Durch die Reunion hat sich das Bild ein wenig verändert. Wie gehen sie mit dieser Ambivalenz zwischen Wembley Stadium und der Arena in Wien um?
Wir haben letzten März zu touren begonnen, sind jetzt fast ein Jahr unterwegs. Es war vielleicht das beste Jahr meines Lebens. Wir haben in kleinen Clubs gespielt, und dort fühle ich mich auch zu Hause. Es wird verrückt, wenn ich zurückkehre in die großen Stadien mit vielen Lichtern und Feuerwerk. Vor ein paar Jahren hätte ich zu einer Reunion sicher „Nein“ gesagt. Ich war damit beschäftigt, meinen eigenen Platz zu finden. Aber jetzt habe ich das Selbstvertrauen, sechs Monate Take That machen zu können und dann dahin zurückzukehren, wo ich hingehöre. Und nach der ganzen Sache stehle ich das Rampenlicht für meine eigenen Shows.

Freuen Sie sich schon, Babe wieder zu singen?
Manchmal trete ich mit ein paar Freunden in Pubs auf, und nach ein paar Gläsern Wein haben wir das Lied schon gesungen. Es wird schon okay sein. Ich habe jetzt eine viel bessere Stimme, ich werde Gary sagen, dass ich die Lead Vocals mache (lacht).

Sie waren mit Take That sozusagen im Auge des popkulturellen Hurrikans. Wie fühlt man sich heute, wenn man außerhalb steht und die aktuellen Popstars beobachtet?
Ich kann wahrscheinlich besser verstehen, in welcher Situation sich diese Menschen befinden. Ehrlich gesagt, schenke ich dem Ganzen aber nicht viel Aufmerksamkeit. Was mir von damals geblieben ist: Wenn ich ein Album schreibe, denke ich an eine große Produktion. Hätte ich genügend Geld, könnte ich das auch realisieren, aber ganz offensichtlich ist das im Moment nicht drin. Jetzt spiele ich halt vor 200 Menschen. Und der einzige Unterschied zu 20.000 Menschen ist, dass du weniger Licht und kein Feuerwerk rundherum hast. Aber das macht’s einfacher, weil es von dir ablenkt.

Geht es Ihnen eigentlich auf die Nerven, dass man bei jedem Interview diese Verbindung zu Take That herstellt? Schließlich sprechen wir jetzt auch schon seit fünf Minuten über die „alten Zeiten“.
Manchmal schon. Beim ersten Interview ist das noch okay, aber am Ende des Tages … Ich habe jetzt drei Solo-Alben gemacht, genauso viele wie mit Take That, aber keines davon war so erfolgreich. Es braucht einfach Zeit. Aber ich verstehe diese Fragen. Ich weiß, dass diese Band der Grund ist, warum ich die Möglichkeit habe, mit Ihnen zu sprechen.

Eine der ersten Zeilen ihres Albums lautet „Start again / Give yourself a chance not a nosebleed.“ Ein gutes Sinnbild für Ihre Wandlung zum Singer-Songwriter.
Ja, aber das Interessante ist, dass ich mir diese Beschreibung bis vor kurzem nicht zugetraut hätte. Ich habe mir immer gesagt: „Du hattest bloß Glück, du kannst gar keine Lieder schreiben.“ Aber dieses neue Album ist auf meinem eigenen Label erschienen. Und wenn du die Entscheidung triffst, auf deinem eigenen Label zu veröffentlichen, musst du an dich glauben.

Ihr Album heißt How the Mighty Fall. Sind Sie eine Pop-Ikone, die wieder am Boden gelandet ist?
Ich denke schon. Ich habe eine neue Band, und wir versuchen etwas aufzubauen. Ich glaube sogar, dass dieser Club zu groß ist, wahrscheinlich kommen gerade mal 200 Leute. Aber es ist ein Beginn. Der Titel ist ein Statement. Würde ich glauben, dieses Album sei schlecht, hätte ich den Titel nicht gewählt, das wäre problematisch. In Großbritannien waren auf dem Cover zwei Füße auf einem Seil. Das fand ich sehr gut. Denn wenn du beginnst, auf einem Seil zu gehen, machst du zwei Schritte, dann fällst du. Du versuchst es noch einmal. Und irgendwann schaffst du es drüber. Das Ende des Seils sehe ich auch am Ende von How the Mighty Fall.

Man fühlt sich bei Ihrem Album an die legendäre Britpop-Ära erinnert. Ist das ihre musikalische Heimat?
Es war nicht geplant, wie das Album klingen soll. Ich habe zehn Lieder geschrieben, und sie sind in der Reihenfolge, in der ich sie geschrieben habe, auf das Album gekommen. Erinnern Sie sich an Clementine (Mark Owens einziger Solo-Hit aus dem Jahr 1996, Anm.)? Meine Plattenfirma hat gemeint: „Wir wollen mehr Songs wie Clementine.“ Und ich musste ihnen sagen: „Ich kann das nicht.“ Ich wünschte, ich könnte es.

Wenn es um Solokarrieren nach Take That geht, kommt die Sprache automatisch auf Robbie Williams. Ich habe den Eindruck, dass er viel von dem Image profitiert hat, ein von Take That zerstörtes Genie zu sein. Sie waren damals der größere Star. Warum haben Sie das nicht für sich instrumentalisiert?
Ich wollte die Band nie als Vehikel benutzen. Für mich war klar, dass ich etwas ganz anderes machen will. Darum habe ich gleich danach mit John Leckie gearbeitet. Aber ich bin nach Take That durch ein Tal gegangen. Ich wurde nach meinem ersten Album von der Plattenfirma gefeuert. So etwas war ich nicht gewohnt, ich war immer an der Spitze. Danach wusste ich nicht, was ich eigentlich tun soll. Ich fühlte mich verloren. Ich habe ganze sechs Jahre gebraucht, um einen neuen Platten-Deal zu bekommen. Ich ging zu Meetings, und dort hieß es: „You had your time.“ Diese sechs Jahre Kampf und Frustration, die Depression und das Selbstmitleid … das war meine Reise. Und diese sechs Jahre waren für mich als Person wertvoller als die sechs Jahre mit Take That.

In zehn Jahren, wo sehen Sie sich da?
Jemand hat mir erzählt, dass Robbie Williams bei seiner ersten Tour hier gespielt hat. Das heißt, in zehn Jahren habe ich 80 Millionen Dollar (lacht). Ich werde immer Lieder schreiben. Wenn dieses Album erfolgreich ist und mein Label Erfolg hat, werde ich ein neues Album machen können. Ich wäre sehr glücklich, wenn es weitergeht.