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Crossing Europe – Roll Over Mozart

| Roman Scheiber |

Crossing Europe eröffnet seine Austrian Screenings mit der Mozart-Minute-Rolle: 26 Miniaturen, die sich – mehr oder weniger – mit dem Phänomen Mozart beschäftigen.

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Im Anfang war die Einladung: Österreichische Filmkünstler durften schrankenlos zum Thema Mozart assoziieren. Die einzige Vorgabe war, eine Minute Film zu bespielen. Der Auftraggeber, das Wiener Mozartjahr 2006 und sein Intendant Peter Marboe, wollte keine Werbespots, sondern freie Statements rund um das Phänomen W. A. M. Und sie folgten der Einladung, von Ponger bis Glawogger, von Palm bis Patzak, von Rebic bis Mattuschka. Was dabei herauskam, ist eine Sammlung origineller, spielerischer, mitunter befremdlicher, auch denkwürdiger und oft nicht unwitziger Betrachtungen, denen man die verbindende Aufgabenstellung mit freiem Auge fallweise kaum ansehen kann.

Mit Mozart als Label, als Ursprung einer endlosen Verwertungskette, beschäftigt sich naturgemäß eine ganze Reihe der eingereichten Arbeiten. Bei Michael Kreihsl steht Mozart am Ort seines Sterbehauses im Olymp des Warenhandels (Steffl). Bady Minck will Mozart für eine Minute aus der Kugel befreien (Roll over Mozart). Michael Palm setzt der ewigen Mozart-Industrie eine kleine Geste entgegen: die Auszeit eines Mozart-Straßenverkäufers (Mozart sells). Gustav Deutsch und Hanna Schimek ironisieren die Ikone der Österreich-Werbung durch multiethnische Konzertkartenverkäufer in Mozart-Kostümen vor einschlägiger Wien-Kulisse (Die Mozarts). Thomas Renoldner karikiert die permanente Ausschlachtung des Namens Mozart mit einer furiosen Mozart Party 06, und Barbara Gräftner und David Wagner lassen überhaupt nur noch Ratten auf den Mozart-Kommerz los (Killarat).

Mozart moved

Eine der bekanntesten klassischen Melodien der Welt ist die Kleine Nachtmusik. Der Avantgardebastler Peter Tscherkassky macht sie in seinem Nachtstück zum Anstoß eines weiteren Horrorfilms aus der hauseigenen Abteilung Kino zum Anfassen. Während Houchang Allahyari schlicht eine iranische Familie auf einem altpersischen Instrument die Kleine Nachtmusik spielen lässt, löst Siegfried A. Fruhauf in Mozart Dissolution die Silhouette Mozarts in der grafischen Darstellung des zu Tode gespielten Musikstücks auf – und generiert synthetisch einen neuen Sound. Auch andere Beiträge arbeiten sich an Material ab, das der Komponist und seine Zeit hinterlassen haben: Michaela Schwentner unterzieht eine Mozart-Postkarte und gesampelte Klänge des Meisters einem musikalischen Würfelspiel (composition set // image transformed // mozart moved), Goran Rebic schickt mit KV 331 im Kopf bekannte Figurinen der Mozart-Musik auf eine plastische, phantasiereiche Reise durch den Weltenraum.

Ein paar der Einminüter bedürfen zu ihrer Entsperrung des Begleittextes, ein paar fallen unter Themenverfehlung (das bringt die künstlerische Freiheit nun einmal mit sich), ein paar sind der Erwähnung kaum wert. Peter Patzak zeigt sich selbst in Überblendungstechnik beim Malen. Edgar Honetschläger bemüht abermals seinen Hendl-Schmäh. Und Paulus Manker nützt die Gelegenheit, völlig losgelöst George W. Bushs Kriegspolitik zu brandmarken – ja, dem Wolferl hätt’ das auch nicht g’falln.