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Der Räuber Hotzenplotz

| Michael Pekler |

Der trottelige Bart- und Sympathieträger feiert nach über 30 Jahren seine Wiederauferstehung und kämpft gegen das kollektive Gedächtnis und die moderne Tricktechnik.

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Was riskiert man nicht alles für eine Kaffeemühle: die Auseinandersetzung mit einer alten, kurzsichtigen Frau; das Aufeinandertreffen mit zwei Bengel, die sich selbst Kasperl und Seppel nennen; den Amtsschimmel eines schwachsinnigen Dorfpolizisten; und die Allüren eines Zauberers, der vielleicht eine Spur intelligenter ist als man selbst, aber am Kartoffelschälen scheitert. Aber man hat einen Ruf zu verlieren, schließlich ist man der Mann mit den sieben Messern, besser bekannt als Räuber Hotzenplotz. Und weil sich im Leben alles wiederholt, schreitet man nach mehr als 30 Jahren erneut zu Tat.

1973 gab bekanntlich Gustav Ehmck die Anweisungen zum gelungenen Kaffeemühlenklau, falschen Sandspurlegen und missglückten Kartoffelzaubertrick. Menschen, die es heute geschafft haben, über dreißig zu werden, verwenden die Version aus Wolframs Eschenbach als Droge: Wer nie gesehen und ausgiebig besprochen hat, wie sich der gute Josef Meinrad, der heute den Platz hinter dem Burgtheater sein Eigen nennen darf, als Petrosilius Zwackelmann die Stufen seines Schlosses in einem Tempo hinaufzaubert, bei dem sich sogar Hotzenplotz die Frage aufdrängen muss: Warum bitte geht der Mann nicht? – wer also nie gesehen hat, wie es aussieht, wenn sich Gert Fröbe einen Vogelkäfig aufsetzt und alle Hauptdarsteller falsche, große und lange Nasen aufhaben, dem ist der Begriff kollektives Gedächtnis ein Fremdwort.

Dass Gernot Rolls Neuverfilmung, die die ersten beiden Werke aus Preußlers Hotzi-Trilogie zu einem Film zusammenfasst, eben dort nicht landen wird, stand ja schon vor Beginn der Dreharbeiten fest. Und wer jetzt einwirft, dass es unfair sei, immer nur am Klassiker gemessen zu werden, dem sei hinter die Ohren geschrieben: Roll und seine Drehbuchautoren haben es nicht anders gewollt. Armin Rohde schaut als Hotzenplotz ein bisschen bedrohlicher, Rufus Beck als Zwackelmann ein bisschen hinterfotziger, Christiane Hörbiger als Großmutter ein bisschen bürgerlicher und Barbara Schöneberger als Fee Amaryllis um einiges attraktiver aus. Ansonsten verlässt sich der gelernte Kameramann Roll nicht auf Zwackelmanns Zaubersprüche, sondern auf Tricks vom technischen Stab: Dies funktioniert bei einfachen Übungen recht gut, das Meisterstück, Frau Schlotterbecks in ein CGI-Krokodil verwandelter Spürhund Wasti, dürfte allerdings „in Süddeutschland vor nicht allzu langer Zeit“ keinem Jäger vor die Flinte und uns nicht vor die Augen kommen.