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Eine andere Liga

| Sonja Greiner |

Eine junge Frau wird durch die Diagnose Krebs gezwungen, ihr Leben neu zu ordnen. Ihre Leidenschaft für Fußball spielt dabei eine ganz entscheidende Rolle.

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Hayat ist 20, leidenschaftliche Fußballspielerin und nach dem Tod ihrer türkischen Mutter Halbwaise. Gemeinsam mit ihrem Vater Baba Can lebt sie in einer Hamburger Vorstadtwohnung. Baba unterstützt die Fußballambition Hayats liebevoll – bis sie während eines Spiels nach einem Rempler auf dem Rasen zusammenbricht. Drei Monate später wird Hayat brustamputiert aus dem Krankenhaus entlassen. Ihre Karriere beim „SC Elbe 01“ ist vorbei. Ihr Vater, zutiefst um die Gesundheit seiner Tochter besorgt, verbietet ihr das Fußballspielen.

An dieser Stelle setzt die unsentimentale und zugleich humorvoll erzählte Geschichte einer jungen Frau ein, die ihr Leben nach dem Krebs meistern muss. In deren Verlauf durchlebt die Protagonistin eine emotionale Achterbahnfahrt, die zwischen Angst und Lebenswille, Wut und Verzweiflung,  sowie zwischen den aufkeimenden Gefühlen für ihren Trainer Toni und dem Ekel vor ihrem neuen Körper oszilliert. Spielte der Fußball schon vor der Operation eine wichtige Rolle in Hayats Leben, wird der Sport nun zu ihrem wichtigsten Antrieb. Die Kamera bleibt immer ganz nah bei Hayat, verfolgt sie bei jedem Schritt, den sie nach der Entlassung aus dem Krankenhaus macht: Von der Wiederaufnahme ihrer Goldschmiedelehre bis zur Etablierung in einer multikulturellen Frauenfußballtruppe, zu deren Trainer sich der Ex-Profi und Frauenschwarm Toni aufschwingt. Eine Andere Liga ist – wider Erwarten – keine Geschichte über eine dreifache Außenseiterin, die sich als Halbtürkin, Fußballspielerin und Krebskranke mit unterschiedlichen Widerständen konfrontiert sieht. Regisseurin Buket Alakus konzentriert sich stattdessen auf die dichte Schilderung von Hayats schwankender psychischer Verfassung, den Auseinandersetzungen mit ihrem Vater, an denen das Mädchen sogar wächst, sowie auf ihre wachsende Zuneigung zum heftig flirtenden Toni. Dabei beweist Alakus ein feines Gespür für das labile Selbstbewusstsein einer eigensinnigen 20-Jährigen, die um einen Teil ihrer Weiblichkeit beraubt wurde. Dass es in Eine andere Liga vor allem darum geht, die Lust am Leben zu behalten, wird gegen Ende des Films überdeutlich. Wenn Hayat von Toni beim ersten Sex zärtlich aus ihrem Brustverband gewickelt wird, wenn sie für ihre Mannschaft den Ausgleich gegen den Ex-Verein erzielt, wenn sogar Baba endlich von seiner geliebten, vor langer Zeit verstorbenen Frau Abschied nehmen kann, dann kommt ein bitteres Gefühl auf. Hat man womöglich nur ein Märchen gesehen?