ray Filmmagazin » Dokumentarfilm » Zorros Bar Mizwa

Zorros Bar Mizwa

| Roman Scheiber |

Ruth Beckermann begleitet vier jüdische Kinder beim „Erwachsenwerden“.

Werbung

Wer nichts über jüdische Riten weiß, erfährt in Ruth Beckermanns Film etwas darüber: Mit 13 gilt ein jüdischer Knabe als volljährig und sexuell reif, mit 12 ein jüdisches Mädchen. Die zeremonielle Initiation wird Bar Mizwa (für Knaben) beziehungsweise Bat Mizwa (für Mädchen) genannt. Die Vorbereitungen dafür können Wochen und Monate in Anspruch nehmen. Es ist das prägendste Ritual, das die jüdische Gemeinschaft für ihren Nachwuchs zelebriert. Wer nichts über die gesellschaftlich-kulturellen Unterschiede zwischen orthodoxen und assimilierten Juden weiß, über die unterschiedlichen Milieus der Wiener jüdischen Gemeinde, erfährt in Ruth Beckermanns Film etwas darüber: Vier Geschichten über Familien mit höchst unterschiedlichem Hintergrund verschränkt die Regisseurin ineinander, vier Vorbereitungen, vier Zeremonien, vier Familienfeste. Die Rolle der Verbindungsfigur spielt André Wanne, der sich als Videofilmer jüdischer Zeremonien unverzichtbar gemacht hat. Ausschnitte seiner beliebten Videos und Gespräche mit ihm im Schneideraum bilden eine zusätzliche Ebene, die Beckermann zwischen das Publikum und ihren eigenen Blick einzieht. Wer wissen möchte, was in Kindern vorgeht, die mit zwölf Jahren mittels religiösen Rituals, von einem Tag auf den andern, zu verantwortlichen Wesen erklärt werden, erfährt auch in Ruth Beckermanns Film wenig darüber. Hat sich Moishy, streng orthodox erzogen, schon eigene Gedanken über jene Elite gemacht, in die er gerade als „erwachsen“ aufgenommen wird? Wie wichtig war es für Tom, den Sohn einer israelischen Mutter und eines österreichischen Vaters, erstmals einen Gebetsriemen an der Klagemauer in Jerusalem anzulegen? Und ist es ein Zufall, dass die liberal erzogene, gewitzte Sophie sich zwar gern beim Kleideraussuchen mit der Freundin inszeniert, beim Üben ihres Textes in der Synagoge aber plötzlich wie vernagelt wirkt?  Natürlich, Ruth Beckermann beherrscht ihr Handwerk auch, wenn sie sich nicht – wie zumeist – mit der entsetzlichen Vergangenheit der Juden, sondern mit deren Gegenwart beschäftigt. Die Körper der Eltern sprechen mitunter mehr als ihre Zungen. Ironische Einsprengsel, die sich schon im Titel andeuten, wirken sympathisch.

„Vielleicht wollte ich eine verrückte Wiener-jüdische Doku-Soap machen“, sagt die Regisseurin. Vielleicht beschäftigt sie sich in fünf Jahren wieder mit diesen jungen Menschen. Vielleicht in einer anderen Form als einer Doku-Soap. Vielleicht sind die vier dann gerade dabei, erwachsen zu werden.