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Battle in Heaven

| Günter Pscheider |

Eine filmische Reise in die metaphysische Frage von Schuld und Sühne.

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Nach seinem gefeierten Regiedebüt Japón gelingt Carlos Reygadas mit Battle in Heaven wieder ein atmosphärisch dichter Film abseits der üblichen Sehkonventionen. Die Handlung scheint nebensächlich: Man erfährt nicht, warum die Hauptfigur, der Chauffeur eines Generals, mit seiner Frau ein Baby entführt hat, warum die Tochter seines Arbeitgebers mit ihm schläft, warum er ihr vom Tod des Kindes erzählt, warum er sie mit einem Messer umbringt. Es spielt aber auch keine allzu große Rolle: Wer einen Film nach dramaturgischen Regeln mit psychologisch motivierten Handlungen der Hauptcharaktere erwartet, ist bei dieser Symphonie aus beiläufig erscheinenden Bildern und einem oft kontrapunktisch eingesetzten Soundtrack sowieso fehl am Platz.

Gleich zu Beginn sieht man einen eher unattraktiven, dicklichen Mann mit unbewegtem Gesichtsausdruck. Langsam fährt die Kamera über seinen Bart, seinen deutlich sichtbaren Busen, seinen Bauch, bis der Kopf einer jungen Frau ins Bild kommt, die ihn oral befriedigt. Der kahle, überirdisch helle Raum und der Titel suggerieren, dass wir uns nicht in der Realität befinden. Dann folgen wir dem Mann zu einem bizarren Ritual, bei dem von einer Militäreinheit eine riesige Flagge gehisst wird. Wir lernen seine hässliche Frau kennen, die originelle Wecker und Kuchen in einer U-Bahn-Passage verkauft. Dann holen wir seine zukünftige Geliebte, das gelangweilte Töchterlein des Generals, das des Nachts in einem Nobelbordell arbeitet, vom Flughafen ab: Nun befinden wir  uns zweifellos in der nicht immer schönen Realität von Mexico City, aber der charismatische Laiendarsteller Marcos Hernandez wirkt immer seltsam entrückt und distanziert; die Welt, die wir meist durch seine Augen sehen, scheint zu schwingen, so als ob ein gleichmütiger Gott das Treiben der Begierden von einem sicheren Ort aus betrachten würde. Einzig der massige Körper des Mannes ist wirklich präsent: beim Liebesspiel mit seiner Frau (die rare Inszenierung eines sexuellen Akts zwischen zwei auf den ersten Blick unattraktiven Personen, die beide nicht der Lächerlichkeit preisgibt) oder heftig schwitzend, als ob er körperlich für seine Sünden büßen würde. Die Frage von Schuld und Sühne stellt sich auf oberflächliche Weise für seine Frau, die ihn bittet, sich erst nach einer Wallfahrt der Polizei zu stellen. Er selbst scheint kein Bewusstsein für seine Schuld zu haben, aber etwas in ihm, vielleicht eine Ahnung von göttlicher Gerechtigkeit und allumfassender Liebe, lässt ihn auf Knien auf den Weg der Vergebung rutschen.