ray Filmmagazin » Musikdoku » American Hardcore – Die Geschichte des Amerikanischen Punk Rock von 1980 bis 1986
American Hardcore – Die Geschichte des Amerikanischen Punk Rock von 1980 bis 1986

Filmkritik

American Hardcore – Die Geschichte des Amerikanischen Punk Rock von 1980 bis 1986

| Ritchie Pettauer |

Paul Rachmans Film hält, was der Untertitel verspricht: Nach bewährtem Musikdoku-Rezept bietet er einen Überblick über sechs Jahre Subkultur.

Werbung

Zu seiner filmischen Darstellung der Szene wurde Regisseur Paul Rachman durch das Buch American Hardcore: A Tribal History von Steven Blush inspiriert. Als Gegenreaktion auf Spät-Sechziger-Hippieseligkeit und ein aufziehendes US-amerikanisches Neo-Biedermeier Reagan‘scher Prägung verlieh eine ganze Generation von Bands ihrem politischen Unmut lauten Ausdruck: Schnelle, aggressive Rhythmen, hart und zornig ins Publikum gehämmerte Gitarrenriffs, überlagert von stakkatoartigem Gesang, kennzeichnen die Musik. In bewusster Abgrenzung zur nihilistischen Punk-Attitüde drehen sich die Texte um ganz konkrete politische Inhalte: Akkord gewordene Ausdrucksform einer politischen Minderheit, die sich ganz konkret gegen den Zeitgeist richtete, anstatt ihn zu affirmieren, und auch zwei Jahrzehnte später sichtlich große Freude daran hat, von den guten alten Zeiten zu erzählen.

2001 begannen Blush und Rachman die ersten Interviews zu drehen. Eine tragfähige ökonomische Basis bot sich für ein derart spezialisiertes Thema nicht an, also entstand der Dokumentarfilm in Eigenregie – und genau darin liegt seine Stärke. Vergeblich wartet man auf Statements von Kunstkritikern und anderen Unbeteiligten. Mit Ausnahme von Henry Rollins und Black Flag dürften die meisten Band-Namen, wie etwa Minor Threat oder Bad Brains, hierzulande nur Insidern bekannt sein. Kurze Live-Ausschnitte und sekundenlange Song-Cuts verschaffen aber auch musikalisch nicht vorgebildeten Zusehern schnell eine recht genaue Vorstellung von der Morphologie dieser Musikrichtung.

Die anekdotische Erzählweise, die Aneinanderreihung von Live-Footage und Statements sehr vieler verschiedener Interviewpartner sorgen für Abwechslung und Authentizität. Relativ arbiträr bleibt allerdings das vom Film nachdrücklich argumentierte „Ende“ der Szene im Jahr 1986, die nur im Kontext der Reagan-Ära zu verstehen und zu deuten sei. Außer Zweifel steht jedenfalls, dass American Hardcore enormen Einfluss auf die Entwicklung amerikanischer Rockmusik der 90er hatte – für Mainstream-Erfolge blieb Hardcore-Punk zwar stets zu radikal und antithetisch, verlieh dem Rock’n’Roll allerdings Impluse und Ideen, die von Bands wie den Red Hot Chili Peppers oder Nirvana mit großem Erfolg aufgegriffen wurden.