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Zodiac – David Fincher im Gespräch

| Leslie O'Brien |

David Fincher über seine persönlichen Erinnerungen an die Zodiac-Morde und seine Absicht, diesen Kriminalfall so realistisch wie möglich zu verfilmen.

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Der 1962 in Denver, Colorado, geborene David Fincher begann seine Karriere in den Spezialeffektstudios von Industrial Light Magic, machte sich dann als Regisseur von Werbespots und Videoclips (unter anderem für die Rolling Stones, Madonna und Aerosmith) einen Namen, ehe er mit Alien 3 (1992) seinen ersten Spielfilm inszenieren konnte. Der Erfolg des düsteren Thrillers Seven (1995) machte Fincher zu einem der gefragtesten Regisseure Hollywoods, in Folge drehte er so unterschiedliche Filme wie The Game (1997), Fight Club (1999) und Panic Room (2002).

Was hat Sie an den Zodiac-Morden besonders interessiert?
Ich glaube, ich mache am liebsten Filme, die für andere Filmemacher problematisch sind. Zum Beispiel Filme ohne eigentlichen Schluss. Wir hatten die beiden Bücher von Robert Graysmith als Vorlage, der Jahre damit zubrachte, den Zodiac-Mörder auf eigene Faust zu finden. Er war ursprünglich der Karikaturist des San Francisco Chronicle, wurde aber im Laufe der Ereignisse um Zodiac gefeuert. Er ging allen Fährten nach und kam zu dem Entschluss, den richtigen Mann gefunden zu haben. Der Film folgt Graysmith auf seiner Reise.

Glauben Sie, er hat den Täter gefunden?
Ich vertraue David Toschi, dem Cop, der ebenso wie Graysmith hinter dem Mann her war. Ich glaube ihnen, dass sie überzeugt waren, den Mörder gefunden zu haben.

Zodiac rückt die Geschichte der Männer in den Vordergrund, die an der Aufklärung der Mordserie beteiligt waren.
Ich hatte kein Interesse, den Mörder zu zeigen, sondern wollte erforschen, was mit den Menschen geschah, die sich mit diesem Fall beschäftigt hatten. Ich habe meinen Film nicht für Court TV gemacht, Zodiac ist äußerst gefühlsbetont. Die Männer, die ich zeige, waren davon besessen, den Mörder zu finden. Aber es ging tiefer, als es bei der Aufklärung eines Mordfalls üblich ist. Die Situation war total verrückt, und zum Schluss fühlten sie sich besiegt. Die Akte ist heute geschlossen. Man muss sich damit abfinden, dass man nicht jede Frage lösen kann.

War es Absicht, Ihren Film ähnlich zu strukturieren wie All the President‘s Men?
Dieser Film war das Modell für Zodiac.

Aber erwartet hat man sich eine Fortsetzung zu Seven?
Ich glaube, diese Erwartungshaltung hat mir geholfen, dass der Film überhaupt gedreht werden konnte. Aber es war nie meine Absicht, einen ähnlichen Film wie Seven zu machen.

Visuell unterscheidet sich Zodiac stark von Ihren früheren Filmen.
Das war meine Absicht. Der Film sollte so realistisch wie möglich sein. Daher das flache Licht, die gerade Kameraführung, die bescheiden ausgestatteten Filmsets. Wir wollten die Story so einfach wie möglich erzählen. Die Schauspieler betraten den Raum mit ihrem Pappbecher in der Hand und lieferten einen seitenlangen Dialog, den wir in einem Stück filmten. Das war alles. Der Film lebt von den glaubhaften Darstellungen der Schauspieler.

Sie sind in San Francisco aufgewachsen. Haben Sie damals etwas von den Zodiac-Morden mitbekommen?
Ich erinnere mich noch genau an den Tag, an dem der Zodiac-Mörder den bekannten Rechtsanwalt Melvin Belli in der TV-Show von Jim Dunbar anrief. Ich war damals ungefähr acht Jahre alt. Mein Vater hat sich nach der Sendung den weiteren Tag freigenommen. Wir wissen bis heute nicht, ob es der echte Killer war oder ein geisteskranker Mann, der aus einer Anstalt anrief. Die Leute haben damals alle den Fall heftig diskutiert. Auch mein Vater.

Trotzdem haben Sie der Versuchung widerstanden, einen Thriller zu drehen.
Ich wollte die Morde so zeigen, dass der Zuschauer das Gefühl hat, mit dabei zu sein. Wir hatten Mike Mageau und Bryan Hartnell, die beiden überlebenden Opfer, als Berater engagiert und sie sagten beide, dass der Mörder plötzlich dastand und sie attackierte. Alles geschah ganz, ganz schnell.

Warum glauben Sie, hat Paramount darauf bestanden, Ihren Film zu kürzen?
Ich habe keine Ahnung, was durch die Köpfe dieser Kerle geht. Anfangs sagten sie: „Mach den Film so lang, wie du kannst.“ Dann wollten sie Druck ausüben, dass ich Szenen herausschneide. Das konnte ich nicht machen. Mir ging es darum, die emotionale Bandbreite zu erhalten. Ich habe den Zeitzeugen versprochen, ihre Geschichte so ausführlich und verständlich wie möglich zu schildern. Diese Versprechen musste ich einhalten. Das war mir wichtiger als irgendwelche Spielchen des Studios.