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Angel - Ein Leben wie im Traum

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Angel - Ein Leben wie im Traum

| Walter Gasperi |

Die Lebensgeschichte der fiktiven Schriftstellerin Angel Deverell in der Version von François Ozon.

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Basierend auf dem 1957 erschienenen Roman von Elizabeth Taylor erzählt François Ozon in seinem ersten englischsprachigen Film eine klassische Geschichte von Aufstieg und Fall: Aus ärmlichen Verhältnissen steigt die junge Angel Deverell – ambivalent schon der Name, der auf „Engel“ und „Teufel“ anspielt – um 1900 zur gefeierten Autorin von Kitschromanen auf, doch auf Reichtum und Ruhm folgt während des Ersten Weltkriegs der tiefe Fall.

Ein Stoff wie aus einem Melodram der klassischen Ära Hollywoods und die Titelfigur erinnert vor allem an Scarlett O’Hara aus Gone With the Wind. Nicht weniger egozentrisch und arrogant als die Südstaaten-Lady ist die von Romola Garai gespielte Angel. Doch nicht nur im Plot, sondern auch in der Inszenierung orientiert sich Ozon am klassischen Melodram, schwelgt wie einst Vincente Minnelli und Douglas Sirk in satten Technicolor-Farben, unterstreicht die Leidenschaft mit pathetischer Musik und lässt Angel in prachtvollen dunkelgrünen, blutroten, schneeweißen oder tiefschwarzen Samtkleidern in überladen ausgestatteten Räumen auftreten – hinsichtlich visueller Opulenz lässt Angel nichts zu wünschen übrig.

Durch und durch kitschig wirkt das auf den ersten Blick, doch Ozon verfolgt eine Doppelstrategie und spielt wie schon in Acht Frauen auch hier höchst elaboriert und in artifizieller Form mit dem klassischen Kino der Emotionen. So kopiert er einerseits in Plot und Stil nicht nur filmische Vorbilder, sondern ebenso die Lebenseinstellung Angels, die die Welt im und um das Märchenschloss „Paradise“ nach ihren Träumen gestaltet und sich der Realität verweigert. Andererseits macht er aber auch durch ironische Distanzierung, die durch das gezielte hemmungslose Überziehen und Ausstellen filmischer Mittel erreicht wird, die Künstlichkeit des Films transparent und parodiert so kühl das Genre.

Mit diesem Balanceakt zwischen postmodernem Spiel und kitschigem Kostümfilm setzt sich Ozon letztlich zwischen alle Stühle. Denn einerseits verhindert die Distanzierung das Aufkommen von Gefühlen, ohne die ein Melodram nicht funktioniert, andererseits lässt Angel einen bissig satirischen oder witzig ironischen Blick auf Figuren und Handlung, ohne die wiederum einem Metafilm die richtige Würze fehlen, vermissen. Durch diese Unentschlossenheit bleiben aber nicht nur Ozons Intentionen im Dunkeln, sondern auch erzählerische Verve und Kraft auf der Strecke und die 137 Filmminuten verstreichen gegen Ende recht zäh.