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Dunkelblaufastschwarz

| Bettina Schuler |

Der Kampf um sozialen Aufstieg als Tragikomödie mit einem Hang zur Ironie und einem Hauch von Schwermut.

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Jorge (Quim Gutiérrez) ist erst Mitte zwanzig, doch die Weichen seines Lebens scheinen schon gestellt. Seit sein Vater vor Jahren einen Schlaganfall erlitt, muss er nicht nur dessen Job als Hausmeister, sondern auch die Pflege des alten Mannes übernehmen. Sein großer Bruder Antonio (Antonio de la Torre) weiß zwar wie man Frauen bezirzt, allerdings nicht wie man Geld verdient. Doch trotz aller Widrigkeiten hält Jorge an seinem Traum von einem besseren Leben fest. Mit einem Diplom in Betriebswirtschaft und dem dunkelblauen, fast schwarzen Anzug, der im Schaufenster hängt, wird ihm dieser Sprung  gelingen. Davon ist er überzeugt. Als er dann den ersehnten Abschluss in den Händen hält, muss der aufstrebende junge Mann feststellen, dass es für eine Karriere mehr bedarf als eines schicken Anzugs und eines abgeschlossenes Studiums. Und dass ein Schrank voller Anzüge nicht glücklicher macht als ein Haufen alter Putzlappen.

Mit Witz, Charme und einem Augenzwinkern erzählt Regisseur Daniel Sánchez Arévalo die Geschichte des jungen Jorge, der auf der Suche nach seinem Platz in der Gesellschaft an seine Grenzen stößt. Und am Ende, zwar äußerlich gescheitert, lernt, sein Schicksal zu akzeptieren, anstatt seinem vagen Traum vom Glück sinnlos hinterher zu rennen. Diese Erkenntnis bringt ihm natürlich eine Frau bei, die ausgerechnet die Freundin seines Bruders ist. Was man auf den ersten Bick für eine Dreieckskomödie, in der die Liebe über den Ehrgeiz siegt, halten könnte, ist jedoch das tragisch-komische Porträt eines jungen Mannes, der vor den Barrieren, die sich ihm entgegenstellen, resigniert. Und mehr aus Zufall denn aus Liebe oder hemmungsloser Leidenschaft, eine Beziehung mit der Freundin seines Bruder eingeht. Es passt eben ganz gut und seine große Jugendliebe ist ihm sowieso viel zu kompliziert. Warum sich also nicht mit einer passablen Frau und einem mittelmäßigen Job arrangieren? Doch trotz dieser ernüchternden Einsicht, die Jorge für sich am Ende zieht, ist Dunkelblaufastschwarz nicht nur ein schwermütiger Film. Dafür besitzen die Figuren zu viel Selbstironie und die Nebenstränge, wie etwa jener von Jorges bestem Freund, der per Zufall seinen Vater beim Tête-á-Tête mit einem schwulen Masseur erwischt, in den er sich dann selbst Hals über Kopf verliebt, zu starke boulevardeske Elemente. Ein gelungener Film, an dessen Ende Jorge, wenn auch nicht den Job seines Lebens und die Frau seiner Träume, doch wenigstens den dunkelblauen, fast schwarzen Anzug in den Händen hält.