ray Filmmagazin » Diagonale » Der Ursprung der Kraft

Diagonale – Der Ursprung der Kraft

Der Ursprung der Kraft

| Ernst Pohn |

„Back to Africa“, der Eröffnungsfilm der Diagonale, begleitet fünf Darstellerinnen und Darsteller aus der Show „Afrika! Afrika!“ bei ihren Heimaturlauben und begibt sich auf die Suche nach der Quelle ihrer außergewöhnlichen Lebensenergie.

Werbung

Vor mehr als zwei Jahren startete André Heller die erfolgreiche Show Afrika! Afrika!, mit der er verschiedenste Künstler aus ganz Afrika auf die europäische Bühne brachte. Regisseur Othmar Schmiderer war bei den ersten Proben mit dabei und ließ sich von der beeindruckenden Energie der Darbietungen anstecken. In „Back to Africa“ versucht er dem Ursprung dieser Kraft nachzuspüren, indem er fünf Künstler aus dieser Show in ihre afrikanischen Heimatländer begleitet. Schmiderer zeigt, in welchem Umfeld sich deren kreatives Talent entwickelt hat, wo die Künstler aufgewachsen sind und wie ihre Familien leben. Schnell wird klar, dass sämtliche Protagonisten ungemein eng mit ihrer Heimat verbunden sind. Europa ist für sie bloß der Platz zum Geld Verdienen, Afrika jedoch ihr Zuhause. „In Afrika ist die Musik Teil der Kultur, in Europa ist es Business“, sagt Kora-Spieler Tata Dindin an einer Stelle des Films. Zu Hause in Gambia sitzt das Publikum nicht wie in Europa auf den Rängen einer High-Tech-Manege, sondern tanzt bei den Straßenkonzerten selber mit. „Man kann hier machen was man will. Wir sind frei“, meint an einer anderen Stelle Tänzerin Mingue Diagne Sonko aus dem Senegal. Mit diesem klaren Bekenntnis zu ihrer Heimat liefern die Künstler ein Gegenbild zu der bei uns oft herrschenden Meinung, halb Afrika würde lieber heute als morgen nach Europa emigrieren. Im Gegensatz dazu versuchen sie, sich im eigenen Land eine Zukunft aufzubauen und ihre Landsleute zu unterstützen. Sie nutzen ihre Erfahrung und Vorbildwirkung, um Nachwuchstalente zu unterrichten, oder setzen sich für die Schaffung neuer Arbeitsplätze ein.

Die Intention von „Back to Africa“ ist klar, nämlich ein positives Bild Afrikas zu zeigen, eines, das sich von dem üblicherweise in den Medien vertretenen abhebt. Der Film fängt gut das besondere Lebensgefühl der Afrikaner ein, zu dem in ganz entscheidendem Maße die Musik und der Tanz gehören. Entsprechend viel Platz wird daher den Proben und Auftritten der Künstler eingeräumt. Die Biografien der Protagonisten bleiben dagegen, nicht zuletzt aufgrund der kurzen Zeit ihrer Heimaturlaube, nur angerissen, gesellschaftspolitische Problemfelder werden bewusst kaum thematisiert. Insgesamt entsteht eine Huldigung des Potenzials Afrikas, seiner positiven Energie, seiner Farbenpracht, sowie seiner Rhythmen und Tänze. Es macht sicherlich Sinn, diese Seite Afrikas zu zeigen. Da aber der Film gerade durch die Afrika! Afrika!-Show auf die besondere Wechselbeziehung zwischen Europa und Afrika verweist, hinterlässt er beim politisch interessierten Zuseher auch stark den Beigeschmack, dass mit dem sehr eingeschränkten Ausschnitt viel Erklärungspotenzial auf der Strecke geblieben ist.