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Das Erbe der Bergler

| Walter Gasperi |

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Erich Langjahr beobachtet geduldig und genau Leben und Wirken der letzten Heuarbeiter im schweizerischen Muotatal.

Unverwechselbar in Form und Inhalt sind die Filme Erich Langjahrs. Seiner Trilogie über das Bauernleben an der Wende zum dritten Jahrtausend (Bauernkrieg, Sennenballade, Hirtenreise ins dritte Jahrtausend) hat er nun einen vierten Film hinzugefügt. In Das Erbe der Bergler beobachtet und begleitet der Innerschweizer die letzten Wildheuer im Muotatal bei ihrer Arbeit. Den Kommentar reduziert Langjahr wie stets auf das Nötigste. Die Bilder sollen für sich sprechen – und vor allem ihr Rhythmus. Denn dieser lässt den Zuschauer den Film nicht nur sehen und hören – und Langjahrs Filme schulen immer auch die sinnliche Wahrnehmung –, sondern in diese langsam verschwindende Arbeits- und Lebenswelt eintauchen und in ihr versinken.

Rund 15 Minuten nimmt sich der ebenso geduldige wie genaue Beobachter Zeit, die Herstellung eines Holzschuhs zu zeigen. Spürbar wird dadurch die Verbindung von Erzeuger und Produkt. Leben und Arbeit, Mensch und Natur sind eins in Langjahrs Filmen, die Heimatfilme im besten Sinne des Wortes sind – verankert in der heimatlichen Umwelt, aber frei von Klischees, Sentimentalität und Verklärung. Den Blick für moderne Errungenschaften verschließt dies aber keineswegs, denn ausgesägt und geschliffen wird der Holzschuh mit modernen Maschinen. Auch die wunderbare, sehr reduziert eingesetzte Musik von Hans Kennel erzählt von diesem Ineinanderfließen von Alt und Neu.

Mit Steigeisen werden die Holzschuhe schließlich beschlagen, denn nur so finden die Wildheuer an den teilweise fast senkrechten Bergwiesen Halt. Beinahe wortlos dokumentiert Langjahr Aufstieg, Aufteilung der Weiden, Schleifen der Sensen und Mähen. Der genaue Blick richtet sich ebenso sehr auf die Landschaft wie auf Handgriffe und Details. Fast zwangsläufig etwas kurzatmiger sind diese Szenen, da diese Arbeiten doch nicht so komplex sind wie beispielsweise die des Älplers, die in Sennenballade im Mittelpunkt standen. Mit dem Mähen ist es aber nicht getan, das Heu muss auch noch ins Tal gebracht werden, wird auf Almen zwischengelagert und im Winter mit Schlitten abtransportiert. So zeichnet Das Erbe der Bergler einen zeitlichen Kreislauf nach, der sich gleichzeitig motivisch beim Tanz mit – nun von Steigeisen befreiten – Holzschuhen in der Dorfkneipe schließt. Nochmals trifft dann auch in einer Schlusspointe Altes auf Neues, wenn der Heuer und seine Familie statt der Holzschuhe Rollerblades anschnallen und durchs Muotatal gleiten.