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Dossier – „Ich mache das, was gut für mich ist“

„Ich mache das, was gut für mich ist“

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Nur wenig deutet auf den ersten Blick darauf hin, dass der ernsthafte, bescheidene Nicholas Saputra einer der führenden Filmstars Indonesiens ist. Ein Gespräch.

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Nicholas Saputra ist einer der vielversprechendsten Schauspieler Indonesiens. Geboren am 24. Februar 1984 in Jakarta, begann er nach der High School ein Architekturstudium an der Universität von Jakarta, das er bis heute trotz seiner Film- und Modelkarriere nicht aufgegeben hat. 2002 drehte er seinen ersten Film, Ada apa dengan cinta (What’s Up with Love), der ihm nicht nur in Indonesien den Ruf eines Teenie-Idols einbrachte. Mit den darauf folgenden Filmen Biola tak berdawai (Stringless Violin) und Janji Joni (Joni’s Promise) wurde dieses Bild noch gefestigt. Doch mit Riri Rizas Gie (2005) vollzog Saputra eine Kehrtwendung: Er spielte den politischen Aktivisten Soe Hok Gie, der 1969, im Alter von nur 27 Jahren, bei einem tragischen Unfall – er atmete bei einer Vulkanwanderung tödliche Gase ein – ums Leben kam. 3 hari untuk selamanya (Three Days to Forever), ein Roadmovie über eine Reise von Jakarta nach Jogjakarta, festigte schließlich Saputras Ruf als einer ambitioniertesten Schauspieler des Landes. Andreas Ungerböck hatte Gelegenheit, in Singapore, wo Saputra beim Internationalen Filmfestival als Juror tätig war, mit ihm zu sprechen.

Wie haben Sie denn Ihre erste Rolle in What’s Up with Love bekommen? Mussten Sie vorsprechen oder sind Sie einfach gecastet worden?
Ich war damals noch in der High School. Eines Tages ging ich mit ein paar Freunden die Straße entlang, da kam dieser Typ auf mich zu und fragte mich, ob er ein paar Fotos von mir haben könne. Ich gab sie ihm, er leitet sie an Produktionsfirmen und Magazine weiter. Schließlich erhielt ich einen Anruf wegen einer Audition. Und ich bekam die Rolle.

Sie haben im Mainstream begonnen, Ihre letzten beiden Filme waren klar im Arthouse-Bereich angesiedelt, das ist eher ungewöhnlich. Wie kam das?
Da steckt keine spezielle Überlegung oder Strategie dahinter. Ich suche einfach die Projekte aus, von denen ich denke, dass Sie gut und gut für mich sind.

Wo sehen Sie denn die Unterschiede zwischen den beiden Bereichen, was jetzt die konkrete Arbeit an dem Projekt betrifft?
Ich bereite mich gerne auf die Rollen vor. Man recherchiert, man diskutiert mit dem Regisseur, man experimentiert mit den anderen Schauspielern, man forscht, so als würde man die Figur designen. Auf dem Set hat man dann oft nicht mehr die Zeit dazu, da geht es vor allem um technische Fragen. Und ganz besonders nicht, wenn es – wie bei den meisten Arthouse-Filmen – nur wenig Budget gibt.

Sie sind ja auch DJ und Model. Würden Sie sich als Teenie-Star bezeichnen?
Ich war mal DJ, als ich noch an der Universität Architektur studierte, gleich nach meinem ersten Film. Da dachte ich, es sei wichtig, die Zeit zu überbrücken bis zur nächsten Rolle, also arbeitete ich beim Radio, um meine Stimme zu trainieren. Aber ein Teenie-Star, um Gottes Willen, nein.

Wenn man im Internet Ihren Namen eingibt, spricht das aber eine andere Sprache. Gibt es so etwas wie ein Starsystem in Indonesien, so wie in Hollywood oder in Indien?
Nein, dazu gibt es auch viel zu wenige Filme. Aber gut, man kann vielleicht ein, zwei Jahre lang ein Star sein, wenn man viel macht und sehr präsent ist.

Sie haben einige Schauspielpreise erhalten …
Ich wurde als Bester Darsteller beim Indonesian Film Festival 2005 für Gie ausgezeichnet, zwei Mal als beliebtester Schauspieler beim MTV Indonesia Movie Award (2005 für Joni‘s Promise und 2006 für Gie) und auch als bester Darsteller beim Indonesischen Filmpreis 2006 für Gie.

Wie sehen Sie die Situation des indonesischen Kinos im Allgemeinen?
Sie hat sich gebessert. In den Neunziger Jahren war der indonesische Film praktisch inexistent, 2002 etwa gab es ganze fünf indonesische Filme. Heute haben wir 50 bis 70, in allen möglichen Genres. Der Markt ist ja riesengroß in Indonesien, und langsam beginnen wir, ihn zu erobern. Ich glaube, in fünf, sechs Jahren werden wir eine dem Markt angemessene Filmindustrie haben.

Sehen Sie eine positive Entwicklung? Wenn ja, in welcher Hinsicht.
Was die Zahl der Filme und die Zuschauerentwicklung betrifft, auf jeden Fall. Die Zahl der wirklich guten Filme ist jedoch stagnierend, das ist besorgniserregend. Das liegt daran, dass die Filmemacher eine einmal erfolgreiche Formel bis zum Abwinken ausschlachten. So lange, bis das Publikum endgültig genug hat. Dabei achten sie natürlich nicht auf Qualität, sondern nur auf die Einspielergebnisse. So haben wir in den letzten Jahren fast ausschließlich Teenie-Dramen, romantische Komödien und Horrorfilme gesehen. 2008 könnte das Jahr der Filme werden, die sich mit Religion beschäftigen.

Ist es nicht auch so, dass sich die Filme hauptsächlich mit dem städtischen Leben in Jakarta beschäftigen? Das Leben und die Sorgen der Landbevölkerung kommen doch kaum vor.
Ich denke, das stimmt für die meisten Filme, aber nicht für alle. Das liegt auch, wie ich schon sagte, daran, dass es in den Neunziger Jahren so gut wie keine indonesischen Filme gab. In dieser Zeit ist sehr viel passiert, was die Bevölkerungsentwicklung betrifft. Noch mehr Leute sind in die großen Städte gezogen, besonders nach Jakarta. Und natürlich wollen sich die im Kino auch als Großstädter sehen. Sie wollen nicht mehr an ihr Leben im Dorf erinnert werden.

Was wird Ihr nächster Film sein?
Ich habe gerade Pesantren abgedreht, der im Dezember in die Kinos kommen soll. Regie geführt hat Nurman Hakim, produziert hat Nan T. Achnas. Es ist die Geschichte von drei Freunden, die in einer pesantren [einer islamischen religiösen Schule, Anm.] in einem kleinen Dorf auf Java erzogen werden. Im Zuge der Ereignisse um 9/11 werden sie verdächtigt, einer militanten islamischen Gruppe anzugehören. So ändert sich ihr Leben für immer. Ich finde, das ist ein sehr spannendes Thema und ein sehr mutiger Film.