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Kleine Fische

| Günter Pscheider |

Charmante, aber spannungsarme Sozialkomödie um ungleiche Brüder, die ein Fischgeschäft von ihrem Vater erben.

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Der Debütfilm von Marco Antoniazzi könnte wie ein wunderbarer Ausflug von Ken Loach ins Komödiantische sein. Alle Ingredienzien für ein realistisches Sozialdrama über den Zustand der spätkapitalistischen Welt, verbunden mit herz- zerreißenden inneren Konflikten der Hauptpersonen sind in der Story angelegt: Martin übernimmt nach dem plötzlichen Tod des ungeliebten Vaters dessen kleines Fischgeschäft, in dem er und sein Bruder Kurt aufgewachsen sind. Martin hat seinem Bruder nie verziehen, dass er vor der spießbürgerlichen Atmosphäre zu Hause einfach nach Deutschland geflüchtet ist. Beim Begräbnis taucht Kurt als großer Zampano mit schwarzem Cabrio wieder auf und bringt das emotionale und geschäftliche Leben des behäbigen Martin gehörig durcheinander. Dazu verliebt sich Martin in eine Radiojournalistin, die ihn für ein Projekt über nachhaltiges Einkaufen befragt. Der Konflikt mit seinem Bruder eskaliert, seine neue Liebe macht sich in ihrer Sendung über ihn lustig, und der Bankrott des Geschäfts steht kurz bevor, weil der Diskonter um die Ecke einfach billiger ist. Martin und sein Bruder müssen sich darüber klar werden, dass es sich nicht lohnt, andere und vor allem sich selbst länger zu belügen.

Leider vertraut der Regisseur so sehr auf den zweifellos vorhandenen Charme des Settings und auf die Kraft einzelner gelungener Szenen, die vor allem vergangene Konflikte zum Thema haben, dass er vergisst, der Geschichte und ihren Charakteren irgendeine Form von Tiefe zu geben. Die diversen Liebesgeschichten interessieren ihn offensichtlich überhaupt nicht: Jene von Martin etwa erschöpft sich in Blicken, die gegenseitige Anziehung suggerieren sollen, aber die Basis der behaupteten Gefühle bleibt völlig unklar. Die Story der Brüder könnte interessant sein, aber auch hier wiederholt sich der einzige Konflikt, das angebliche Im-Stich-Lassen des jüngeren Bruders durch den älteren, ad infinitum. Und die Kapitalismuskritik beschränkt sich auf die gelungene Sympathiewerbung für kleine Geschäfte, wo man noch anschreiben kann. Wer schon immer wissen wollte, wie Bobos Boule spielen, erfährt immerhin etwas Neues, ansonsten ist Kleine Fische ein weiteres Beispiel für einen grundsätzlich sympathischen österreichischen Film, der ganz ordentlich Stimmungen und amüsante Details beschreiben kann, aber auf Grund der mangelnden Charakterisierung der Hauptfiguren und der Scheu vor einem dramaturgisch sinnvollen Aufbau von Konflikten, den Zuschauer auf Dauer nicht fesselt.