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Rocknrolla

| Ralph Umard |

Ein Krimi mit brutaler Komik über große und kleine Gangster, die mit aller Gewalt vom Bauboom in London profitieren wollen.

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Lenny Cole ist ein Londoner Gangsterboss der alten Schule. Das große Geld macht er im boomenden Baugeschäft, indem er Politiker und leitende Beamte der Stadtverwaltung besticht oder erpresst, um so an Grundstücke, Baugenehmigungen und Konzessionen zu kommen. Nach außen hin ein schwerreicher, gerissener Geschäftsmann mit dem Standesdünkel eines englischen Aristokraten, innerlich ein heimtückischer, rassistischer Schweinehund mit dem Temperament eines Pitbulls. Er hält sich für den Größten, bis ein superreicher russischer Oligarch, der ein riesiges Bauvorhaben in London plant, Lenny Cole eine schmerzhafte Lektion beim Golfspiel erteilt und ihn zwingt, von seinem hohen Ross in einen Rollstuhl umzusteigen.

Guy Ritchie, der sich mit seiner Triplefunktion als Autor, Regisseur und Koproduzent größtmögliche gestalterische Freiheit bei dieser überdrehten Kriminalkomödie gesichert hat, variiert einmal mehr das Erfolgsmuster seiner ersten zwei Filme: stilsicher und mit mehr Spezialeffektspielereien, aber ohne grundsätzlich neue inhaltliche oder gestalterische Ideen. Auch viele Figuren gleichen vom Typ her denen der beiden anderen Krimis. Mit seinem 1998 entstandenen furiosen Spielfilmdebüt Lock, Stock and Two Smoking Barrels landete der damals 30-jährige Brite einen der größten englischen Kinohits überhaupt und wurde schlagartig weltbekannt. So konnte er Snatch, den zweiten Teil seiner Trilogie über kleine Kriminelle und große Gangster in London, mit Hollywoodstars wie Brad Pitt und Benicio del Toro besetzen. Der Gangsterboss in Snatch wies schon ähnliche Charakterzüge auf wie nun Lenny Cole, nur dass er noch widerwärtiger und bestia-lischer war. In Guy Ritchies Debütfilm ging es um Drogen, in Snatch um illegale Wetten und Boxkämpfe, beide Filme überzeugten durch ihre ungestüme, ungeschliffene Art. RocknRolla, in dessen Mittelpunkt Immobilienspekulationen, ein geraubtes Gemälde und ein großmäuliger, drogensüchtiger Rockstar stehen, wirkt schon wesentlich glatter und kalkulierter.

Anfangs ist RocknRolla noch arg dialoglastig inszeniert, mit mehr oder weniger coolen Sprüchen und einem Off-Kommentar. Dann kommt das Geschehen aber doch in Fahrt: mit grausamen Folterungen, spektakulären Kämpfen und Autokarambolagen, einer sehr komischen, nicht enden wollenden Verfolgungsjagd – sowie der vielleicht kürzesten, in ihrer Verdichtung frappierenden Beischlafszene der Filmgeschichte.