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John Rabe

| Ralph Umard |

Ein Biedermann wächst in der Stunde größter Not heldenmutig über sich hinaus, um Tausenden Menschen das Leben zu retten.

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Das Massaker von Nanking, eines der entsetzlichsten Kriegsverbrechen des 20. Jahrhunderts, war bis in die Neunziger Jahre außerhalb Chinas wenig bekannt, als Iris Changs Buch The Rape of Nanjing und Filme wie Black Sun: The Nanjing Massacre von Mou Dunfei oder Nanjing 1937 von Wu Ziniu das schreckliche Geschehen ins öffentliche Blickfeld brachten. Im Dezember 1937 hatten japanische Truppen Nanking belagert und gestürmt. Mit ungezügelter Grausamkeit wüteten die kaiserlichen Truppen in der ehemaligen chinesischen Hauptstadt: Sie erschossen die gefangenen Guomindang-Soldaten, schlachteten massenweise wehrlose Zivilisten mit Schwertern oder Bajonetten ab, vergewaltigten Frauen und Kinder, verbrannten mit Benzin übergossene Menschen bei lebendigem Leib. Die Zahl der Opfer wird auf zwei- bis dreihundertausend geschätzt.

Nun zeigt John Rabe das Inferno aus der Sicht eines deutschen Augenzeugen, als Drama in Hollywoodmanier, heroisierend und mit Happy End. Basierend auf Rabes Tagebuchaufzeichnungen, die unter dem Titel John Rabe. Der gute Deutsche von Nanking 1997 veröffentlicht wurden, schrieb und inszenierte Florian Gallenberger eine fesselnde  Beziehungsgeschichte mit beherzt spielenden Hauptdarstellern, wobei er sich auf die Verhaltensweisen, Ängste und zwischenmenschlichen Spannungen einiger in Nanking arbeitender Ausländer konzentriert. Er zeigt den Terror der Japaner und das Leid der Chinesen, verzichtet aber auf explizite Folter- oder Vergewaltigungsszenen.

Rabe leitete 1937 die Siemens-Dependance in Nanking. Unter seiner Führung richteten die Ausländer eine knapp vier Quadratkilometer große Schutzzone in der Stadt ein, die über 200.000 Bürgern Unterschlupf vor der japanischen Soldateska bot. Ausgerechnet eine riesige Hakenkreuzflagge, heute  das  Symbol schlechthin für die Massenvernichtung menschlichen Lebens, die das NSDAP-Mitglied Rabe in seinem Garten ausbreitete, sorgte für Respekt bei den damals mit Deutschland verbündeten Japanern.

Manches stellt Gallenberger anders dar als Rabe im Tagebuch. So trägt Ulrich Tukur in der Titelrolle anders als seinerzeit Rabe keine Nazi-, sondern eine Rotkreuz-Armbinde. Auch das glückliche Wiedersehen Rabes mit seiner Frau am Ende des Films ist Fiktion, ebenso wie etliche andere Szenen des Films. Nach der Rückkehr in die Heimat wurde John Rabe wegen seines Engagements von der Gestapo verhört; verarmt und vergessen starb er 1950 in Berlin.