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Endlich Witwe

| Alexandra Seitz |

Unkomische Komödie über Ehebruch und Selbstverwirklichung, die ihren Figuren nichts zutraut.

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Seit zwei Jahren schon betrügt Anne-Marie ihren reichen Ehemann Gilbert mit dem armen Leo. Sie hat sich bequem eingerichtet in einem Doppelleben, in dem der eine Mann für ihren Wohlstand und der andere für ihre Leidenschaft sorgt. Schließlich jedoch setzt Leo Anne-Marie die Pistole auf die Brust. Just als sie sich endlich dazu durchgerungen hat, auf Reichtum und gesellschaftliches Ansehen zu pfeifen und mit Leo zusammen weg zu gehen, segnet Gilbert das Zeitliche. Eigentlich wäre nun alles perfekt – der Gatte aus dem Weg, der Lebensstandard dennoch gesichert –, doch dann tritt die Familie auf den Plan, macht sich in der Villa breit und lässt die vermeintlich todtraurige Witwe nicht aus den Augen, geschweige denn allein aus dem Haus.

Es folgt ein mäßig unterhaltsames Verwirrspiel, an dessen Ende alle irgendwie irgendwas gelernt haben – nur die Zuschauerin nicht, die fühlt sich angesichts der mutlosen Oberflächlichkeit dieses deutlich auf ein weibliches Publikum zugeschnittenen Films vielmehr verschaukelt. Wovon Isabelle Mergault in Enfin veuve nämlich eigentlich erzählen will, sind die verheerenden Wirkungen gewohnheitsmäßigen Lügens und zur Routine gewordener Selbstverleugnung. Anne-Marie müsste ihrer Umgebung bloß reinen Wein einschenken und warten, bis der Entrüstungssturm durch die Kleinstadt gezogen ist, dann könnte sie ihr spätes Glück mit Leo leben. Stattdessen hält sie die Fassade aufrecht und versucht es mit der Heimlichtuerei. Auf diese Weise gerät sie in immer verzwicktere Lagen und ihre Liebe in immer größere Gefahr.

Vor allem das letzte Viertel des Films legt nahe, dass die inneren und äußeren Konflikte, die die Handlung atemlos vorantreiben, keineswegs so boulevardesk gemeint sind, wie sie sich bis dahin darstellten. Mit einem Mal sollen die hoffnungslos überzeichneten Chargen – vor allem Tom Morton in der Rolle des penetranten Sohnes Christophe fällt ausgesprochen unangenehm auf – als wahrhaftige Charaktere gelten, sollen die unwahrscheinlichen Salonkomödien-Wendungen Stationen eines menschlichen Dramas sein. Der an sich nicht ungewöhnliche Versuch, mitten in der Geschichte das Genre zu wechseln, geht im vorliegenden Fall jedoch ebenso schlicht wie gründlich schief. Und auf den Ärger über das klischeehafte Frauenbild, das in Enfin veuve vertreten wird, folgt der Ärger über die vertane Chance seiner reflektierten Demontage.