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Dossier Viennale – Taditionalist und Erneuerer

Traditionalist und Erneuerer

| Jörg Schiffauer |

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Er zählt zu den größten Namen New Hollywoods, doch in den letzten Jahren ist es um Francis Ford Coppola ungewöhnlich still geworden. Seine Relevanz für das gegenwärtige Weltkino kann jedoch anhand seines neuen Films Tetro einer kritischen Prüfung unterzogen werden.

Einen deutlicheren Indikator, dass der Status Francis Coppolas mittlerweile mehr als angekratzt ist, hätte es kaum mehr geben können: Youth Without Youth (2007), sein bislang letzter Film, schaffte es nicht einmal mehr auf den Spielplan der heimischen Kinos. Nicht, dass die Verfilmung eines Romans des weitgehend unbekannten rumänischen Schriftstellers Mircea Eliade mit seinem eher obskuren, mystischen Plot als potentieller Publikumsmagnet gegolten hätte, doch noch zehn Jahre zuvor wäre es undenkbar gewesen, dass ein neuer Coppola einfach übergangen wird. Francis Coppola, das war schließlich nicht irgendwer, sondern einer der Erneuerer des US-amerikanischen Kinos. Mit Kollegen wie Martin Scorsese, George Lucas oder Steven Spielberg machte sich Coppola in den Sechziger Jahren auf, die durch ein verkrustetes Studiosystem ökonomisch und künstlerisch am Boden liegende US-Filmindustrie zu revolutionieren. Und die junge Garde brauchte nicht lange, um sich einen Namen zu machen, der Begriff „New Hollywood“ wurde zum Synonym für den rasanten Wiederaufstieg der Traumfabrik.

Coppola hatte wesentlichen Anteil daran, seine Karriere kann als geradezu prototypisch für die Repräsentanten New Hollywoods gelten. Nach einem Filmstudium an der UCLA arbeitete er als Assistent von Roger Corman, der ihm auch seine erste Regiearbeit ermöglichte, den mit geringstem Budget realisierten Gothic Horror-Thriller Dementia 13 (1963). Eine Talentprobe, die Coppola Zugang zu größeren Studioproduktionen wie You’re a Big Boy Now (1966) und Finian’s Rainbow (1968) verschaffte. Immer schon stark auf seine Unabhängigkeit bedacht, gründete Coppola bereits 1969 seine eigene Produktionsfirma, American Zoetrope. Seinen legendären Ruf begründete Coppola schließlich mit The Godfather (1972), das Mafia-Epos wurde nicht nur ein überwältigender finanzieller Erfolg, sondern repräsentierte auf exemplarische Weise New Hollywood-Tugenden – ein klassisches Genre wird, unter Bewahrung seiner traditionellen Stärken, durch die persönlichen Vision eines Regisseurs auf kongeniale Weise revitalisiert. Es folgte der kleine, brillante Thriller The Conversation (1974), Coppolas Kommentar zur Paranoia der Nixon-Ära, The Godfather: Part II war erneut ein künstlerischer und ökonomischer Erfolg. Mit Apocalypse Now (1979) schuf Francis Coppola sein Opus Magnum, das immer noch das ultimative Statement zu Vietnam und Krieg bleibt. Doch Apocalypse Now stellt auch in gewisser Weise einen Bruch im Schaffen Coppolas dar, fast könnte man meinen, die erschöpfende Arbeit an Apocalypse Now habe, sein kreatives Potenzial betreffend, ihren Tribut gefordert. Unter seinen  nachfolgenden Filmen finden sich zwar einige interessante Arbeiten wie Rumblefish (1983), Tucker: The Man and his Dream (1988), Dracula (1992) und natürlich The Godfather: Part III (1990), aber auch schlichtweg enttäuschende Filme wie Peggy Sue Got Married (1986), Gardens of Stone (1987) oder The Rainmaker (1997). An die Qualitäten, die seine Filme in den Siebziger Jahren auszeichneten, ist Francis Coppola aber generell kaum mehr herangekommen, doch eine Chance sollte man ihm mit seinem neuen Film allemal einräumen.