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Mitte Ende August

| Gabriela Seidel-Hollaender |

Liebeswirren im Sommerhaus – eine freie Adaption von Goethes „Wahlverwandtschaften“

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Hanna und Thomas haben sich ein Landhaus gekauft. Sie sind verliebt und freuen sich darauf, das Haus zu renovieren. Nacheinander tauchen Thomas’ älterer Bruder Friedrich und Hannas Patenkind Augustine auf. Schnell ist die Zweisamkeit gestört und die Idylle gefährdet. Thomas fühlt sich zu Augustine hingezogen, Hanna lernt die Gemeinsamkeiten zwischen ihr und Friedrich zu schätzen. Als Hannas Vater (großartig: Gerd Voss), ein Hamburger Verleger und berufener Selbstdarsteller, mit Sportwagen und russischer Freundin zu ihrem Geburtstag anrückt, kommt es zum Eklat. Die Liebe zwischen Hanna und Thomas droht zu zerbrechen.

Sebastian Schippers Filmfiguren (Mitte Ende August ist nach Absolute Giganten und Ein Freund von mir sein dritter Spielfilm) werden mit dem Regisseur älter und vermutlich teilen sie auch seine Themen und Probleme. Goethes Roman habe er „betreten wie eine verstaubte Villa“. Leicht und hell sei es überraschenderweise innen gewesen, weshalb er hineingegangen sei in die „Villa Wahlverwandtschaften“ und „alles geklaut“ habe, was ihm gefallen hat. Herausgekommen ist eine freie Adaption, ein leichter, staubfreier, schwereloser Film mit großartigen Schauspielern und einem eigens von dem Indie-Musiker Vic Chesnutt komponierten melancholisch-atmosphärischen Soundtrack.Hanna und Thomas stehen in der Mitte des Lebens. Das Haus ist zwar heruntergekommen, doch es ist wie ein Zeichen für die Bestätigung ihrer Liebe. Dass der Besuch von Friedrich und Augustine das bürgerlich anmutende Idyll empfindlich stört, scheint wie eine Wortmeldung ungestümer Jugend, die noch einmal auftaucht und Verwirrung stiftet. Milan Peschel spielt Thomas als zauseligen Slacker, der mit Lust und Begeisterung die Rituale der Jugend wiederholt und dadurch Augustine mitreißt: ein Besäufnis mit Pappkarton-Rotwein von der Tankstelle ist nur eine dieser Aktionen. Hanna, gespielt von der fabelhaften Marie Bäumer, ist für so etwas eigentlich viel zu vernünftig. Ohnehin fragt man sich mitunter, was sie an den Zausel bindet und ob sie nicht wirklich besser zu dem rational-beherrschten Friedrich passen würde. Doch als ihr aufgeblasener Vater auftaucht und die Gesellschaft mit desillusionierenden Reden überzieht, bricht Hanna im Nebenraum heimlich in Tränen aus, und man beginnt zu verstehen, was sie finden könnte an dem verspielten Thomas. Das Drama nimmt aber seinen Lauf und die Protagonisten geben ihren Versuchungen nach. Am Ende stehen Hanna und Thomas nebeneinander, als sähen sie sich zum ersten Mal. Der Sommer endet, ein Lebensabschnitt der Protagonisten auch. Der Herbst kann beginnen.