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The Book of Eli

Filmkritik

The Book of Eli

| Günter Pscheider |

Unglaubwürdiges, aber visuell beeindruckendes Endzeitdrama mit unterforderten Klasseschauspielern

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Wieder einmal haben nur wenige Auserwählte eine globale Katastrophe vor 30 Jahren überstanden und kämpfen in einem Setting, das wie eine Mischung aus Mad Max und High Noon wirkt, um Wasser, die letzte Flasche Shampoo und das nackte Überleben. Gedreht in den beeindruckenden Wüstenlandschaften von New Mexico verlangt solch ein Endzeitdrama natürlich nach einem überlebensgroßen Helden, der die Welt rettet, in diesem Fall vor der kompletten moralischen Verwahrlosung. Denn wenn Lebensmittel und Benzin rare Güter sind, schlagen sich die Verzweifelten rasch gegenseitig die Köpfe ein, es herrscht das Recht des Stärkeren, Frauen dienen als Lockvogel und sind ansonsten Freiwild in dieser archaisch anmutenden Gesellschaft. Wie gut, dass unser lakonischer Protagonist nicht nur eine Mission hat, sondern auch diverse Kampfsportarten perfekt beherrscht. Denzel Washington bringt zweifelsohne die schauspielerische Präsenz mit, um dieser Action-Schablone Leben einzuhauchen. Aber auch er kämpft vergebens gegen die für einen nicht tiefgläubigen Menschen seltsam anmutende Prämisse, dass das letzte Exemplar der Bibel, das der einsame Wanderer mit sich trägt, für den Kleinstadtbösewicht so wertvoll sein könnte, dass er dafür die Hälfte seines Gefolges opfert. In den ansonsten zum Glück eher sparsamen Dialogen erklärt der von Gary Oldman ambivalent angelegte Despot ernsthaft, dass ihm wie einst Jesus die Menschen in Scharen folgen werden, wenn er den jungen Menschen, die keine Religion kennen, nur die Verse der Heiligen Schrift vortragen könnte. Abgesehen von diesem undurchdachten zentralen Motiv ist der neue Film der Brüder Albert und Allen Hughes (Menace II Society, From Hell) ein konventioneller Actionfilm: Der Held besteht diverse moralische und physische Prüfungen, beschützt dazwischen ein hübsches Mädchen und die Welt steht am Ende besser da als vorher. Die erste halbe Stunde funktioniert dank der ausgezeichneten Kameraarbeit und der klugen, weil sparsamen Inszenierung sogar ausgezeichnet, auch weil man noch nicht weiß, worum es eigentlich geht. Die zweite Hälfte erschöpft sich in noch immer zumindest ordentlich gemachten Action-Sequenzen von Flucht, Verfolgung und Belagerung. Beim völlig unglaubwürdigen Schlusstwist weiß man nicht, ob man weinen oder lachen soll. Leider verlässt sich das um jeden Preis originell sein wollende Drehbuch – verfasst vom ehemaligen Herausgebers des Magazins „PC Gamer“, Gary Whitta – zu sehr auf die absurde Heilsbotschaft (immerhin steht am Ende der Koran neben der Bibel), anstatt sich mehr auf die Entwicklung der potenziell interessanten Charaktere zu konzentrieren.