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Bad Lieutenant – Cop ohne Gewissen

Filmkritik

Bad Lieutenant – Cop ohne Gewissen

| Jörg Schiffauer |

Gescheitertes Remake von Abel Ferraras Klassiker

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Werner Herzog hat sich seinen Platz im Weltkino wahrlich erarbeitet. Wer seinen Dokumentarfilm Mein liebster Feind gesehen hat, bekommt einen Eindruck, mit welcher unnachahmlichen Mischung aus Größenwahn, Leidenschaft und Besessenheit Herzog bei der Verwirklichung seiner Filme vorzugehen pflegte. Herzog war stets der Mann mit dem Sinn für das Unmögliche, ein Regisseur, dem kein logistisches Problem zu groß sein konnte, wenn es um die konsequente Umsetzung seiner Vorstellungen ging. Das Resultat waren beeindruckende Arbeiten wie Aguirre, der Zorn Gottes oder Fitzcarraldo, die den positiven Irrsinn des Werner Herzog in jedem Kader spürbar werden ließen.

Herzog schien also der geeignete Mann, das zentrale Werk eines anderen Filmwahnsinnigen, Abel Ferraras Bad Lieutenant, neu zu interpretieren. Die Geschichte des drogen- und spielsüchtigen Cops, der kein Laster auslässt, sich jedoch im Zug der Aufklärung der brutalen Vergewaltigung einer Nonne entschließt, Buße für seine Taten zu leisten, hat eigentlich alle Ingredienzen für den in seiner Arbeit stetigen Grenzgänger Werner Herzog. Doch abgesehen davon, dass Herzog sein Remake von New York nach New Orleans verlegt, hat er dieser Geschichte verblüffenderweise wenig abgewinnen können. Von Ferraras finsterer Reise in die tiefsten menschlichen Abgründe ist Herzogs Neuverfilmung weit entfernt, sein Protagonist Detective McDonagh (Nicholas Cage) konsumiert Schmerzmittel und Drogen folglich in erster Linie, um seine chronischen Rückenschmerzen – die er sich im Einsatz während des Hurrikans Katrina zugezogen hat – zu bekämpfen. Und er muss auch nur einen eher simplen Mordfall im Drogenmilieu lösen, der ihn weit weniger an seine psychischen Grenzen treibt als den Protagonisten in Abel Ferraras Vorlage. Auch sonst ist von der sinistren Lasterhaftigkeit des Originals nicht mehr viel übrig geblieben, Herzogs Lieutenant ist nicht wirklich „bad“, sondern bestenfalls ein Mann mit kleinen, eher lässlichen Sünden, für die er nicht wirklich Buße tun muss – schon gar nicht mit jener Konsequenz, die Harvey Keitel im Original auf sich nimmt. Streckenweise drängt sich dann sogar der Verdacht auf, dass Werner Herzog mit seiner Inszenierung versucht herauszufinden, wie weit man den Plot weichspülen kann, ohne die Grenzen zu einer klar erkennbaren Persiflage zu überschreiten. Übrig bleibt dabei jedoch ein bestenfalls routiniert in Szene gesetzter Durchschnitts-Krimi – und das ist wohl das schlimmste, was man einer Arbeit des Filmmaniacs Werner Herzog nachsagen kann.