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Nokan – Die Kunst des Ausklangs

Filmkritik

Nokan – Die Kunst des Ausklangs

| Walter Gasperi |

Melodram um einen Leichenbestatter und sanftes Plädoyer für einen respektvollen Umgang mit den Toten

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Gestorben wird zwar viel im Kino, mit dem Tod wirklich auseinandersetzen will man sich in Filmen allerdings so wenig wie im realen Leben. Nicht verwundern kann es folglich, dass sich Takita Yojiro und sein Hauptdarsteller Motoki Masahiro nicht nur bei der Finanzierung ihres Films, sondern auch bei der Suche nach einem Verleiher schwer taten. Zehn Jahre verstrichen von der ersten Idee bis zur Premiere. Dann aber entwickelte Nokan sich zum Publikums- und Festivalhit, lockte in Japan sechs Millionen Zuschauer in die Kinos und heimste Preise nicht nur auf zahlreichen Festivals, sondern im vorigen Frühjahr (unter dem englischen Titel Departures) auch den Oscar für den besten fremdsprachigen Film ein.

Dieser Erfolg überrascht trotz des ernsten Themas kaum. Denn Regisseur Takita erzählt die Geschichte um einen arbeitslosen Cellisten, der mit seiner Gattin von Tokyo in seine malerische Heimat im ländlichen Nordjapan zurückkehrt und dort durch ein Missverständnis zu einem Job in einem Bestattungsunternehmen kommt, so konventionell und sanft, dass er nirgends aneckt und auch dem Tod seinen Stachel raubt. Nicht als Abschied für immer, sondern als Durchgang zu einem neuen Leben, in dem man die Angehörigen wiedersieht, wird hier das Lebensende geschildert. Die Zeremonie der Verabschiedung, bei der die Verstorbenen vor den Augen der Angehörigen gewaschen, geschminkt und eingekleidet werden, zeigt die Inszenierung in langen wort- und weitgehend musiklosen Einstellungen mit einer Ehrfurcht und einem Taktgefühl, die dem der mit dieser Arbeit betrauten nokanshi – deren Aufgabe es ist, die Leichname eben entsprechend vorzubereiten – um nichts nachstehen. Tief erfahrbar wird in diesen Szenen, die die stärksten des Films sind, sind, wie tröstlich und versöhnlich ein mit einem feierlichen Ritual verbundener Abschied sein kann. Gleichzeitig wertet Takita damit auch diese Berufsgruppe auf, die in der japanischen Gesellschaft marginalisiert wird. Dieses Plädoyer für Harmonie und Versöhnung kennzeichnet aber nicht nur diese Szenen, sondern durchgängig bemüht sich die Inszenierung Wohlgefühl zu verbreiten. Da wird ausgesprochenes Gutmenschentum gepflegt, alle Konflikte lösen sich wie von selbst, in jeder Einstellung wird in warmen Brauntönen geschwelgt und auch beim Einsatz von Streicher- und Klavierklängen wird nicht gespart. Geschmackvoll und in sich sehr stimmig ist das zweifellos, aber auch zumindest nah an der Grenze zu Kitsch und Sentimentalität und vor allem so glatt und rund wie die Steine, durch die der Protagonist seine positiven Gefühle ausdrücken will.