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A Single Man

Filmkritik

A Single Man

| Walter Gasperi |

Nach dem Tod seines Geliebten durchlebt ein Universitäts-Professor einen Tag, an dessen Ende er Selbstmord begehen möchte.

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Mit A Single Man legt Tom Ford, der als Modedesigner von Gucci Karriere machte, seinen ersten Spielfilm vor. Basierend auf Christopher Isherwoods Roman schildert Ford den Tag im Leben des College-Professors George Falconer, an dem er beschließt Selbstmord zu begehen. Zeitlich ist das auf den 30. November 1962 datiert und über Nachrichten in Radio und TV ist im Hintergrund die gerade überwundene Kubakrise präsent. Doch die weltpolitischen Ereignisse berühren Falconer nicht, ganz in sich versunken ist er. Die seltsam irreale Eröffnung mit einem Autounfall entpuppt sich bald als albtraumhafte Erinnerung des Protagonisten, der seit dem Tod seines Geliebten Jim, mit dem er 16 Jahre zusammen war, jeden

Lebensmut verloren hat. Penibel bereitet er an diesem 30. November seinen Selbstmord vor, verfasst Abschiedsbriefe, legt einige 100-Dollar-Scheine für die Putzfrau beiseite und richtet den Revolver für die Tat her. Den Tag will er aber noch ganz normal verbringen. Ganz auf Falconer fokussiert, evoziert Ford in Bildern, die zu monochromem Braun tendieren, eindringlich dessen Gemütsverfassung. Durch den Einsatz von Zeitdehnung und über die Tonspur entsteht zudem der Eindruck, dass der Protagonist wie in Trance durch den Alltag wandelt. Geschmeidig oszilliert  A Single Man dabei zwischen kurzen, teils in schwarzweiß gehaltenen Erinnerungen an den verstorbenen Partner und Gegenwart, lässt in Detailaufnahmen von Mundpartien oder muskulösen männlichen Oberkörpern aber auch Falconers Begehren kurz aufflackern. Kräftiger werden die Farben nur, wenn diese tiefe Melancholie durch zufällige Begegnungen mit einem Nachbarskind oder einem homosexuellen jungen Spanier kurz aufgebrochen wird. Großen Stilwillen und Stilsicherheit beweist Ford mit seinem Debüt, wandelt hart an der Grenze zur stylischen Werbeästhetik – überschreitet diese aber nie, da die Form immer mit dem Inhalt korrespondiert. Ideal besetzt ist hier auch die Hauptrolle mit Colin Firth, der den Zuschauer in jeder Sekunde die tiefe Verzweiflung und das emotionale Chaos spüren lässt, das unter der Fassade der scheinbaren Gelassenheit und Alltagsroutine steckt. Den Zwang zur Verheimlichung der Homosexualität in den USA der Sechziger Jahre thematisiert Ford nur am Rande, im Zentrum steht vielmehr die atmosphärisch dichte Beschwörung des grenzenlosen Schmerzes, den der Verlust eines geliebten Menschen bringt und des tiefen Gefühls von Einsamkeit, das daraus resultiert.