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An Education

Filmkritik

An Education

| Julia Kopetzky |

Coming-of-Age-Geschichte im London der Sechziger Jahre

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Die Early Sixties, eine Zeit, in der Frauen bestenfalls als schmückendes Beiwerk männlicher Biografien und weibliche Berufstätigkeit als Schicksalsschlag betrachtet wurden, sind der historische Hintergrund, vor dem der Plot von An Education spielt.

Jenny ist fast 17, blitzgescheit, talentiert und kurz davor, als Klassenbeste einen Studienplatz in Oxford zu ergattern. Sie ist der ganze Stolz ihrer Eltern, die brav, bieder und kleinbürgerlich in der Londoner Vorstadt wohnen. Als Jenny den fast doppelt so alten David trifft, einen charmanten Dandy und Playboy, ändert sich ihr Leben schlagartig. David zeigt ihr eine Welt, die aufregend, mondän, verführerisch und alles andere als spießig ist. Jennys Traum von Oxford verblasst zusehends angesichts der Aussicht auf ein glamouröses Leben an Davids Seite.

Basierend auf den Erinnerungen der Journalistin und Autorin Lynn Barber hat Kultautor Nick Hornby ein Drehbuch verfasst, das überrascht. Hornby wurde in den Neunziger Jahren dank seiner amüsanten und entlarvenden Romane als Kenner urbaner Männerseelen jenseits der 30 bekannt. Mit An Education beweist er überzeugend, dass ihm auch die weibliche Psyche nicht fremd ist.

Der behutsamen Inszenierung von Regisseurin Lone Scherfig ist es aber zu verdanken, dass die Figuren nicht ins Klischeehafte abgleiten. Sie zeigt viel Respekt vor jedem einzelnen ihrer Protagonisten und gibt keinen der Lächerlichkeit preis. Hauptdarstellerin Carey Mulligan ist ein Glücksfall für den Film – und der Film ein Glücksfall für Mulligan. Sie spielt Jenny verletzlich und stark zugleich und mit letztlich mehr Einsicht und Menschenkenntnis als die meisten „Erwachsenen“ um sie herum. Sie wird unterstützt von einem hervorragenden Cast britischer Schauspielgrößen, angeführt von Peter Sarsgaard als David, einer herrlich naiven Rosamund Pike, Emma Thompson als gestrenger Schulleiterin und Alfred Molina als hilflosem, polternden Vater, der völlig Davids Schmeicheleien erliegt.

Einziger Wehrmutstropfen: Dass David (Spoiler: der aalglatte Verführer und Betrüger) ausgerechnet jüdisch sein muss, ist unnötig und trägt nicht wesentlich zur Story bei. Die berechtigten Vorwürfe, sich hier antisemitischer Vorurteile zu bedienen, hätte man sich ersparen können.