Teenager-Romanze, Familiendrama, Message-Movie – einer für alle, aber nichts richtig
New York, September 2001: Tyler, rebellischer Sprössling einer stinkreichen Upper East Side-Familie, lernt die aus bescheidenen Verhältnissen stammende Ally, behütete Tochter eines Polizisten, kennen. Weil beide in ihrer Vergangenheit Gewalterfahrungen machen mussten – Tylers älterer Bruder beging Selbstmord, Allys Mutter wurde bei einem Raubüberfall erschossen – verstehen sie sich instinktiv. Ja, es gelingt ihnen sogar, sich gegenseitig bei der Lösung lang schwelender familiärer Konflikte zu unterstützen. Doch als Tylers kleine Schwester von ihren Mitschülerinnen gemobbt wird, nehmen die Dinge eine unerwartete Wendung.
Einer der Gründe dafür, dass Allen Coulters Remember Me über Gebühr Aufmerksamkeit auf sich ziehen wird, besteht in der Mitwirkung des derzeit in Mädchenkreisen außerordentlich angesagten Vampir-Darstellers Robert Pattinson. Schließlich steht seit nunmehr zwei Twilight-Filmen die Frage im Raum, ob der junge Mann auch noch was anderes kann, als brüten und schmachten und von Ferne an all das erinnern, was einen schon immer an James Dean genervt hat. Die Antwort fällt zwiespältig aus, was nicht zuletzt daran liegt, dass Pattinsons Figur zur Demonstration innerer Zerrissenheit und depressiver Weltanschauung auf eine derart plakative Weise rauchen muss, dass einem fassungslos die eigene Kippe aus dem Mundwinkel fallen will. Vor lauter konzentriert verbohrtem Tabakmissbrauch kommt er, so will einem scheinen, auch diesmal nicht zur Schauspielerei.
Vom Filmende her gesehen, das zynisch eine der übelsten Katastrophen der vergangenen Dekade für einen billigen melodramatischen Effekt ausbeutet, fragt man sich zudem, welche Art von Relevanz dieser Film eigentlich für sich beansprucht? Will er, eines von vielen Schicksalen herausgreifend, daran erinnern, dass sich auch massenhaftes Sterben aus dem Sterben vieler Einzelner zusammensetzt? Wird einem einmal mehr die gute alte Carpe-diem-Binsenweisheit nahegebracht, eingebettet in eine bittersüße Teenager-Romanze, deren Generalbass Trauerarbeit und tapferes Weitermachen ist? Für Regisseur Coulter und seinen Drehbuchautor Will Fetters jedenfalls ist offenbar genügend Zeit verstrichen, um den Anschlag vom 11. September als dramaturgisch nützliches Hintergrundelement zu missbrauchen. Freilich, die Twin Towers geben ein machtvolles Trauer-Zeichen ab; zugleich aber fühlt man sich von ihrem Kaninchen-aus-dem-Hut-Auftritt regelrecht genötigt und emotional auf eine Weise manipuliert, die Übelkeit erregt.