Dass Science-Fiction nicht nur in den unendlichen Weiten des Weltalls beheimatet ist, wird bei der Filmschau „Science : Fiction – Eine Geschichte der Zukunft“, die vom 9. Februar bis zum 10. März im Österreichischen Filmmuseum zu sehen ist, evident. Oft unternimmt das Genre Reisen ins Innere des Menschen – manchmal durchaus wörtlich zu verstehen wie in Fantastic Voyage (1966), in dem ein U-Boot in Mikrobengröße in den Körper eines schwer verletzten Diplomaten injiziert wird, manchmal als allegorischer Vorstoß ins Zentrum der Angst mit den Mitteln des Horror (Alien, 1979). Sei es bitterböse Militärsatire (Dr. Strangelove, 1964), die poetische Auslotung  der Vergänglichkeit (La Jetée, 1962), die Frage nach dem Kern des Menschen (Blade Runner, 1982) oder der ultimative Trip durch die Evolutionsgeschichte (2001 – A Space Odyssey, 1968): Science-Fiction ist ein Genre, das sehr viel mit uns zu tun hat. „ray“ hat ein einige Tipps für Sie zusammengestellt.

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Alien (1979)

Mit Alien gelang Ridley Scott die geradezu perfekte Fusion von Science Fiction und Horror. Dabei setzte er nicht nur eine der immer noch furchterregendsten Arbeiten der Filmgeschichte in Szene, er definierte das Sci-Fi-Genre neu: In betont düsteren Bildern präsentiert sich der Weltraum nicht als Spielwiese für perfekt funktionierende Hochglanz-Technologie, die Protagonisten – Durchschnittstypen anstatt smarter Helden – plagen sich als schlecht bezahlte Arbeiter mit ihrem altersschwachen Raumschiff herum. Als sie sich einem fremden und hochaggressiven Wesen gegenüber sehen, verwandelt sich diese Konfrontation schnell zu einer einseitigen Angelegenheit. Die Raumfahrer werden zu fast hilflosen Opfern, das Weltall mutiert zu einer Art grenzenloser Hölle, die der albtraumhaften Phantasie Hieronymus Boschs entsprungen sein könnte. Jörg Schiffauer

Blade Runner (1982)

Der Kultfilm aller Kultfilme, hier wieder einmal in der ursprünglichen Kinofassung zu sehen. Das nimmt der Replikanten jagenden Hauptfigur Deckard (Harrison Ford) zwar ein wenig an Ambivalenz und bringt ein angeklebtes Happy End mit sich, zollt mittels Voice-over allerdings auch deutlicher dem Vorbild-Genre Film noir Tribut. Ridley Scott kreiert eine heruntergekommene Großstadt der Zukunft, die an Detailreichtum und Atmosphäre ihresgleichen sucht, Hampton Fancher und David Peoples destillieren im Drehbuch aus Philip K. Dicks Roman „Do Androids Dream of Electric Sheep?“ die große Frage heraus, was den Menschen zum Menschen macht, ihn von seiner täuschend ähnlichen Kreation unterscheidet. Wie in E.T.A. Hoffmanns „Sandmann“ erkennt man den Unterschied an den Augen. Doch ist es wirklich besser, Mensch zu sein? Oliver Stangl

Dr. Strangelove or: How I learned to stop worrying and love the bomb (1964)

„War is too important to be left to politicians“, quetscht General Jack D. Ripper zwischen Zähnen und Zigarre hervor und beendet kurzerhand sowohl das Wettrüsten als auch den Kalten Krieg. Major Kong, Spitzname „King“, reitet auf DER BOMBE in die Sowjetunion ein. Und zwar buchstäblich. Während Dr. Strangelove einen Überlebensplan schmiedet, der den Mitgliedern des US-amerikanischen Krisenstabes die Geilheit in die Lenden schießen lässt. Wenn da nur nicht dieser verräterische rechte Arm wäre … Kubrick geht dem Overkill auf den Grund, entlarvt ihn als Ergebnis machistischer Protzerei und zeigt die nur knapp beherrschte Panik schwachköpfiger Alphamännchen, denen im Sandkasten die Kontrolle über ihre phallischen Spielzeuge verloren gegangen ist. Ein zynischer Witz von einem Film, verzweifelt und grotesk, und die einzige Möglichkeit, der ganzen Absurdität der historischen Situation zu begegnen. Alexandra Seitz

Fantastic Voyage (1965)

Ein auf Mikrobengröße geschrumpftes U-Boot namens „Proteus“ (gestaltet von Art Director Harper Goff) jagt mit einem Team von Wissenschaftern durch die Blutbahn eines Menschen – bis in dessen Gehirn. Mitte der Sechziger findet der Kalte Krieg nämlich auch im menschlichen Körper statt, und ein Saboteur stellt eine ebenso große Gefahr für die westlich-geheimdienstliche Mission dar wie der Angriff der Antikörper: Der Feind ist nicht nur unter, sondern sogar in uns. Dazu waberndes Plasma, das Quallen gleich den Reisenden entgegen kommt, während weiße Blutkörperchen als feindliche Zerstörer fungieren. „It looks like the sea at dawn“, meint der Offizier in diesem buchstäblich phantastischen U-Boot-Film, wenn der leuchtende Hintergrund der Lymphbahnen rot wie die Abendsonne schimmert. Dabei sei menschliches Blut gar nicht rot, stellt der Chirurg an Bord richtig, sondern nur durchsichtiges Plasma: „the ocean of life“. Michael Pekler

Starman (1984)

There’s a starman waiting in the sky, He’d like to come and meet us But he thinks he’d blow our minds.“ Diese kleine perfekte Inhaltsangabe zu John Carpenters Science-Fiction-Film stammt von David Bowie. Nur, dass der Starman (Jeff Bridges) schon unter uns ist. Und er verwirrt die arme, verwitwete Jenny Hayden (Karen Allen), denn er sieht genauso aus wie ihr kürzlich verstorbener Ehemann. Dieser Außerirdische ist ein Guter, was ja in der Sci-Fi-Geschichte nicht allzu häufig ist. Er muss allerdings dringend sein Mutterschiff erreichen, und das steht 2.000 Meilen entfernt in Arizona. Und natürlich sind die Dumpfbacken von der US-Army hinter ihm her, wie könnte es anders sein. Wird Jenny dem Starman helfen können? Zwei einsame, verlorene Seelen auf der Reise durch die USA – schöner und romantischer kann Science-Fiction nicht sein. Andreas Ungerböck

Scanners (1980)

Den Berufs-Interpreten hat der Film mit dem platzenden Schädel weniger Kopfzerbrechen bereitet als so manch anderes Buchstäbliche bei David Cronenberg. „The problem with telepathy has always been how to make it physical“, notierte Cronenberg zu Scanners, und es ist zu einem Gutteil dem genialen Kanadier selbst zuzuschreiben, dass dies heute nicht mehr als Problem empfunden wird – siehe aktuell zum Beispiel Christopher Nolans Inception. In der Geschichte um ein telepathisch begabtes Brüderpaar überträgt Cronenberg seine Freud’sche Gedankenwelt ein letztes Mal in einen gleichsam „reinen“ Genrefilm, bevor er zwei Jahre später entscheidend expandiert und mit „Videodrome“ Filmgeschichte schreibt. Nicht umsonst verglüht der Leib des „guten“ Bruders im Showdown von „Scanners“, während sein Geist die Herrschaft über den „bösen“ Bruder übernimmt. Wiedergeburt mittels Verlust. Erfolg durch Verschmelzung. Video kills the Scanner Star. Roman Scheiber

Starship Troopers (1997)

Die Zukunft in Starship Troopers wirkt (mit Ausnahme der Feinde) unheimlich vertraut: Ein neuer Krieg beginnt, die Menschen treten gegen eine extraterrestrische Zivilisation von Riesenkäfern an. Die Jugend wird mittels tumber, aber offensichtlich effektiver Propaganda mobilisiert und lässt sich mit Begeisterung fürs Vaterland in der Luft zerreißen. Was genau einige Kritiker dazu getrieben hat, Paul Verhoevens garstiger Genresatire eine militaristische oder gar faschistische Geisteshaltung zu unterstellen, bleibt rätselhaft. Die comic-haften Splatterszenen und die an SS-Uniformen gemahnende Garderobe tragen wesentlich dazu bei, die Vorgänge zur Kenntlichkeit zu entstellen. Und die von Verhoeven so höhnisch wie präzise herausgearbeitete Mischung aus Angst und Dummheit, die die Kriegsmaschinerie in „Starship Troopers“ am Laufen hält, sollte jedem, der noch halbwegs bei Verstand ist, die Lust auf das Soldatenleben für alle Zeiten verderben. Benjamin Moldenhauer