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Four Lions

Filmkritik

Four Lions

| Jörg Schiffauer |

Selbstmordattentäter als aberwitzige Chaostruppe

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Wie weit darf Satire eigentlich gehen? Darf man – der vorherrschenden politischen Korrektheit zuwider laufend – auch höchst brisante Themen wie etwa islamistisch motivierten Terrorismus und Selbstmordattentate hohnlachend abhandeln und dabei Gefahr laufen, gesellschaftliche  Konventionen frech grinsend die lange Nase zu zeigen? Die Antwort kann kurz und bündig nur lauten: Man darf – vor allem, wenn dies auf so brillante, witzige und intelligente Art und Weise gemacht wird, wie von Christopher Morris mit Four Lions.

Im Mittelpunkt von Morris‘ pechschwarzer Komödie steht eine Gruppe junger britischer Moslems – Migranten der zweiten Generation – die sich entschlossen haben, ihren persönlichen Dschihad zu starten und mitten in London einen Schlag gegen die westliche Welt zu führen. Mit dem Klischeebild fanatischer Gotteskrieger haben die Jungs allerdings wenig gemein. Anführer Omar hat einen soliden Job bei einer Sicherheitsfirma, ein idyllisches Familienleben mit Frau und kleinem Sohn und ist so etwas wie das Musterbeispiel eines integrierten Zuwanderers. Sein Mitstreiter Hassan hat sich ausgerechnet US-amerikanische Rapper als Vorbilder auserkoren und wirkt bei seinen verbalen Ausritten gegen das britische Establishment stets ein wenig wie Sacha Baron Cohen als Ali G. Und Kampfgefährte Barry – ein zum Islam konvertierter Engländer mit dem Gehabe eines Hooligans – ist so durchgeknallt wie Kevin Kline in A Fish Called Wanda. So wunderlich diese selbsternannte Terrorzelle wirkt, so abstrus sind auch ihre Pläne,  die sich um Anschläge auf Drogerien und mit Sprengstoffgürteln bepackte, dressierte Krähen drehen. Tollpatschig  stolpern die  Möchtegern-Terroristen auch prompt von einer Panne in die nächste.

Regisseur und Ko-Drehbuchautor Christopher Morris nimmt islamistischen Radikalismus und grassierende Terrorangst – in Großbritannien nach den Anschlägen auf die Londoner U-Bahn 2005 eine latent offene Wunde – mit einem Feuerwerk an satirischen Einfällen geradezu kongenial aufs Korn. Vor seinem herrlich respektlosen, subversiven Humor sind aber auch nichts und niemand sicher, politische Korrektheit wird mit sichtbarem Vergnügen permanent untergraben. Doch Morris beschränkt sich nicht bloß darauf, treffsichere Pointen zu setzen – und die gibt es in Four Lions zuhauf – seine Inszenierung versteht es auch, der Farce eine gut dosierte Portion Tragödie beizumischen und so mit dem Entsetzen nicht bloß aberwitzigen Scherz zu treiben, sondern auch Nachdenklichkeit hervorzurufen.