Miral

Filmkritik

Miral

| Bettina Schuler |

Julian Schnabels sehr persönlich gefärbte Sicht des Nahost-Konflikts

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Ist es günstig, die Geschichte der eigenen Lebensgefährtin zu verfilmen, noch dazu, wenn sie Teil eines fast undurchschaubaren politischen Konfliktes ist? Oder setzt man sich dabei nicht der Gefahr aus, auf Grund des fehlenden persönlichen Abstandes die Heldin der Geschichte zu idealisieren? Fragen, die sich Julian Schnabel anscheinend nicht gestellt hat, ansonsten hätte er nicht den autobiografisch geprägten Roman seiner derzeitigen Freundin, der Journalistin Rula Jebreal,  verfilmt. Eine palästinensische Israelin, die in ihrem Roman „Miral“ anhand der Geschichte von drei palästinensischen Frauen versucht, die Entstehung und Probleme des israelisch-palästinensischen Konfliktes zu erläutern.

Im Mittelpunkt des Geschehens steht dabei die Palästinenserin Miral (Freida Pinto), die in Schönheit und Ausstrahlung ihrem Vorbild Jebreal in nichts nachsteht. Und die hin- und hergerissen ist zwischen dem Appell ihrer Mentorin Hind Husseini, dass allein Bildung zu der Einsicht und zu einem friedlichen Ende dieses Konfliktes führt, und ihrem Wunsch, sich selbst einzumischen. Auch wenn sie dafür zu den Waffen greifen muss. In prächtigen Farben erzählt Schnabel diese ungewöhnliche Geschichte, die zunächst sehr ausführlich die Entstehung von Hind Husseinis Internat für palästinensische Mädchen erzählt, um dann, nach einem kurzen Schlenker hin zum Leben von Mirals Mutter Nadia, sich endgültig auf Miral zu konzentrieren. Ein narrativer Wendepunkt, der auch auf der visuellen Ebene sichtbar wird. So gibt es zumindest im ersten  Abschnitt des Filmes noch einige Momente, in denen man von der Eindringlichkeit der Bilder emotional mitgerissen wird. So zum Beispiel, als Nadias Mutter ins Wasser geht und man das dank der Kamera, die immer tiefer ins Wasser abtaucht das Gefühl bekommt, selbst vom Wasser überrollt zu werden. Im weiteren Verlauf des Filmes hat man indes den Eindruck, sich in einem recht gewöhnlichen Biopic zu befinden, das nur noch selten auf visueller Eben die Emotionen der Charaktere aufgreift. Zudem, und da mag Schnabel sich eben doch nicht von der eigenen Emotionalität gegenüber seiner Lebensgefährtin befreit haben können, schwingt unterschwellig die Botschaft mit, dass die Israelis doch die eigentlichen bösen Buben sind. Eine Meinung, die ein Regisseur, der selbst aus einer jüdischen Familie stammt, sicher äußern darf, die jedoch nur wenig zu dem Verständnis des Konfliktes beiträgt, weil man bis zum Schluss vergeblich darauf wartet, auch etwas über die israelische Sichtweise zu erfahren. Und so bleibt der Konflikt der beiden Völker für den Zuschauer so undurchschaubar wie zuvor.