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Filmkritik

Brighton Rock

| Ralph Umard |

Aufstieg und Fall eines jungen, moralisch verkommenen Provinzgangsters

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Sein niedlicher Spitzname täuscht: „Pinkie“ Brown ist ein perfider Verbrecher, der Feinde vorzugsweise mit scharfer Klinge killt. Um Karriere in der Unterwelt des Seebades Brighton zu machen, tötet der Nachwuchsgangster eiskalt einen Konkurrenten in der eigenen Bande und fordert dreist den mächtigen Mafioso Colleoni heraus. Die minderjährige Kellnerin Rose Wilson, die gegen ihn als Belastungszeugin auftreten könnte, verführt er kurzerhand und heiratet sie, so muss sie vor Gericht nicht gegen ihn aussagen. Als Roses couragierte Chefin (souverän: Helen Mirren) dem Mörder allmählich auf die Schliche kommt und Colleonis Schergen Jagd auf ihn machen, verliert Pinkie langsam die Nerven, zunehmend paranoid trachtet er auch Rose nach dem Leben.

Bereits 1947 wurde Graham Greenes Roman „Brighton Rock“ (deutscher Titel: „Am Abgrund des Lebens“) unter Mitwirkung des Autors von John Boulting fürs Kino adaptiert (im deutschsprachigen Raum erschien der Film unter dem Titel Finstere Gassen); die Hauptrolle spielte damals Richard Attenborough. Nun verkörpert Sam Riley den Soziopathen Pinkie. Regiedebütant Rowan Joffe verlegt die Handlung seines Remakes ins Jahr 1964, als Mods und Rocker im Seebad Randale machten. Diese gewaltsamen Konflikte dienen jedoch nur als Randgeschehen, es geht auch nicht um Rockmusik, wie in Quadrophenia. Der Filmtitel bezeichnet ein tief zum Meer abfallendes Kliff, auf dem sich entscheidende Szenen abspielen.

Das oft angestrengt wirkende Spiel von Riley mit meist sauertöpfischer Miene und Andrea Riseborough als unglaublich naive Jungfrau, die ihm aus Abenteuerlust und blinder Liebe verfällt, sorgen für emotionale Distanz zu ihrem Schicksal. Die Musik tönt manchmal arg aufdringlich, der schwunglos inszenierten Handlung mangelt es – wie schon bei Rowan Joffes Drehbuch für das Clooney-Starvehikel The American – an Spannung und Substanz.

Pinkies Beziehung zu seinem Ex-Mentor und sein verschrobener Katholizismus sind weder motivisch noch psychologisch nachvollziehbar dargestellt. Geschickt deutlich gemacht wird dagegen, dass Rose buchstäblich verrückt vor Liebe ist, wenn sie eine Schallplatte mit Pinkies Stimme abspielt: Nach seinen Worten „I love you“ hat die Scheibe einen Sprung, und Rose hört nur ständig „I love you, I love you …“ – wohl wissend, dass Pinkie danach das Gegenteil sagt. Die Szene versinnbildlicht eindringlich, dass Rose nun selber eine Macke hat.