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Filmkritik

Midnight in Paris

| Pamela Jahn |

Owen Wilson gibt den perfekten Woody-Allen-Verschnitt in dieser ausgesprochen gut gelaunten romantischen Komödie des Altmeisters.

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Woody Allen ist verliebt. Verliebt in Paris. Das merkt man schon an der ungeniert postkarten­idyllischen Anfangssequenz, einer schnulzigen Bildercollage der städtischen Sehenswürdigkeiten, die zunächst einmal nicht nur jedem herkömmlichen Touristenführer Konkurrenz, sondern vor allem dem geschulten Kritikerauge Angst und Bange macht. Wie sich jedoch im Laufe der Geschichte herausstellt, ist Allens jüngster Flirt mit einer europäischen Location (nach London und Barcelona) rundum charmantes, heiter verspieltes Unterhaltungskino und – zumindest darüber waren sich die Pressestimmen nach der Premiere in Cannes im Mai einig – einer der sehenswertesten Woody-Allen-Filme seit langem.

Die Ausgangsprämisse ist gewohnt überschaubar: Gil (Owen Wilson) ist ein erfolgreicher, aber unzufriedener Drehbuchautor, der seit geraumer Zeit über seinem ersten Roman brütet, dem es jedoch an der nötigen Selbstsicherheit und Inspiration zur Fertigstellung fehlt. Ein Kurzurlaub an der Seine mit seiner Verlobten Inez (Rachel McAdams) und deren reichen Eltern soll Abwechslung schaffen, und Gil ist sogleich hingerissen vom künstlerisch-kulturellen Odem der Stadt. Dicke Luft zieht jedoch auf, als Inez unverhofft auf ihren alten Bekannten Paul (Michael Sheen) trifft, der sich als aufgeblasener Alleskenner entpuppt, woraufhin Gil, anstatt mit den anderen das Tanzbein zu schwingen, allein zu einem nächtlichen Spaziergang durch die Gassen aufbricht. Und dabei passiert das Unfassbare: Eine Art Zeitschleuse katapultiert ihn ins Paris der Zwanziger Jahre, wo er plötzlich mit Zelda und F. Scott Fitzgerald auf einer Party Smalltalk hält und anschließend Ernest Hemingway auf einen Absacker trifft. Später geht’s zum Tee zu Gertrude Stein, wo sich Picasso, Modigliani, Dali und Man Ray die Klinke in die Hand geben, und Muse Adriana (Marion Cotillard) auch dem verwirrten Gil kurzum den Kopf verdreht.

So hanebüchen die Geschichte klingt, so gekonnt und liebenswert setzt sie Allen mit Hilfe einer erstklassigen Schauspielerriege in Szene. Allen voran Owen Wilson, in dem der selbsternannte Großstadtneurotiker sein perfektes Alter Ego gefunden hat, während die wunderbare Rachel McAdams mit einer fein austarierten Kombination aus Spritzigkeit und urbanem Sex-Appeal auf dem besten Weg zu sein scheint, Scarlett Johansson den Rang als Allens Nummer eins abzulaufen. Und wer gewillt ist, sich einmal mehr Woody Allens Regiekunst und einem ungenierten Nostalgie-Trip bedingungslos hinzugeben, wird am Ende beglückt das Kino verlassen.