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Fenster zum Sommer

Fenster zum Sommer

| Bettina Schuler |

Nina Hoss versucht dem Schicksal dazwischenzufunken.

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Gibt es Schicksal? Oder wird der Verlauf des Lebens durch bloße Zufälle bestimmt? Und hätten wir die Liebe unseres Lebens jemals kennen gelernt, wenn wir zu einem bestimmten Tag nicht an einem bestimmten Ort gewesen wären? Mit diesen Fragen muss sich die Mittdreißigerin Juliane (Nina Hoss) auseinander setzten, als sie sich eines Morgens anstatt neben ihrer neuen Liebe August (Mark Waschke) neben ihrem Ex-Freund (Lars Eidinger) wiederfindet. Gerade eben noch ist sie mit August im Sommerurlaub gewesen, durch den finnischen Wald gespurtet und hat sich darauf gefreut, ihren Vater wiederzusehen, da findet sie sich plötzlich im Berliner Winter wieder. Ohne August, dafür mit Philipp und es ist als seien die letzten Monate nur ein Traum gewesen. Doch die Reise in ihre Vergangenheit birgt auch etwas Gutes: Denn Juliane kann ihre Freundin und Kollegin Emily (Fritzi Haberland) wiedertreffen, die erst vor einigen Wochen tödlich verunglückt ist. Doch je mehr Zeit sie mit dieser verbringt, umso weniger ist sie bereit ihren Tod ein zweites Mal zu akzeptieren. Selbst wenn die Veränderung ihrer Vergangenheit bedeutet, dass sie auf die Liebe ihres Lebens für immer verzichten muss.

Von Beginn an fühlt man sich in Hendrik Handloegtens Film wie im Halbschlaf, in dem es einem schwer fällt zwischen Realität und Traum zu differenzieren. Das mag zum einen an dem Wechselspiel der Stimmung liegen – den schneebedeckten Berliner Straßen, denen dank ihrer Weite und Kühle eine Endzeitstimmung anhaftet, und auf der anderen Seite die einsame finnische Sommerlandschaft, die wie ein verwunschenes Arkadien wirkt, in dem man völlig sorglos und frei leben kann. Zum anderen liegt es an der großartigen Nina Hoss, die in diesem Film so gar nichts von der unberührbaren Schönheit hat, die man aus den Christian Petzold Filmen kennt, sondern die hier viel kantiger, unperfekter, wahrlich aus der Fassung geraten wirkt, selbst wenn sie noch so korrekt gekleidet ist. Und wenn die Kamera ganz dicht an sie herangeht, dann sieht man an dem entgleisten Gesicht von Nina Hoss, dass diese Frau ohne die Liebe ihres Lebens für immer verloren sein wird. Doch trotz dieser großartigen schauspielerischen Leistung gelingt es dem Regisseur nicht, den Zuschauer zu berühren. Wahrscheinlich, weil durch die Stilisierung der Bilder immer eine Distanz zwischen Film und Zuschauer gewahrt bleibt, die ein emotionales Eintauchen in die Geschichte verhindert. Doch allein wegen der ungewöhnlichen visuellen Handschrift lohnt es sich, diesen Film anzuschauen.