In Time – Geld ist Zeit

Geld ist Zeit

| Roman Scheiber |

Prima Idee, konventionell umgesetzt: Andrew Niccols Sci-Fi-Thriller „In Time“ schickt die Jungstars Justin Timberlake und Amanda Seyfried auf kapitalismuskritisches Überlebenstrainingslager.

Werbung

Man durfte gespannt sein auf den neuen Film von Andrew Niccol. Aus seiner Feder stammt eine der besten Mediensatiren aller Zeiten (The Truman Show, 1998, Regie: Peter Weir, mit Jim Carrey), und allein die Exegesen über sein famoses Sci-Fi-Regiedebüt Gattaca (1997, mit Ethan Hawke und Uma Thurman) füllen ein Filmbibliotheksregal. Wer Gattaca oder z.B. das Waffenhändler-Dramas Lord of War (2005, mit Nicholas Cage) gesehen hat, dessen Intro eine Gewehrpatrone von der Fabrikation bis in den Kopf eines jugendlichen Afrikaners via „Bullet Cam“ verfolgt, rechnet mit visuell erstaunlichen Umsetzungen gesellschaftspolitisch brisanter Themen, wenn der gebürtige Neuseeländer wieder einmal zu Werke geht.

Das Setup seiner jüngsten Arbeit In Time entstammt erneut einer höchst interessanten Idee: Was wäre, wenn der genetisch perfektionierte Mensch der Zukunft äußerlich nur noch 25 Jahre alt wird, ab diesem Zeitpunkt nicht mehr altert, sich aber seine ewige Jugend fortan erkaufen muss? Eine Zukunft, in der man nicht Geld zum Leben braucht, sondern Zeit zum Leben, Zeit zur einzigen Währung geworden ist, wobei der Kontostand an einem in den Unterarm tätowierten, fluoreszierenden Digital-Countdown ablesbar ist und die Überweisung von Zeiteinheiten per Armdruck funktioniert. Von den Produzenten dürfte Niccol ziemlich problemlos grünes Licht für das Projekt bekommen haben: Ausschließlich junge Darsteller, von denen die meisten von Minute zu Minute um ihr Leben kämpfen, sollten die Kassen locker zum Klingeln bringen können.

Doch trotz der beim jugendlichen US-Publikum beliebten Zugpferde Justin Timberlake und Amanda Seyfried in den Hauptrollen blieb der Erfolg am Box Office mäßig. Und auch die US-Pressestimmen zu Andrew Niccols Kapitalismus-Metapher fielen tendenziell verhalten aus. Dabei hätte In Time einprägsamer als alle Dokumentarfilme zum Thema Bankenkrise vor Augen führen können, in welch prekärem wirtschaftlich-sozialen Zustand die Welt sich befindet. Dass dem Film das nicht durchgehend gelingt, liegt an seiner konventionellen Umsetzung. Das nicht eben stringent durchdachte, erzähllogisch inkonsistente Drehbuch lässt Figuren Dinge sagen, die man lieber sehen würde. Der an sich proper getakteten Thrillerhandlung um einen von Timberlake dargestellten Robin-Hood-Sozialisten wird ein nur mit Mühe nachvollziehbares Bonnie-and-Clyde-Motiv hintangestellt. Und eine sorgfältigere visuelle Gestaltung des „Minute-to-Minute-Ghettos“, dem der Held entstammt, und der reichen „Innenstadt der Hundertjährigen“ hätte dem Gesamtbild auch nicht geschadet. An manchen Stellen hat man den Eindruck, die Filmcrew hatte noch weniger Zeit als die Figuren. Pluspunkt: Das gute Spiel von Cillian Murphy als „Timekeeper“ und von Vincent Kartheiser (bekannt aus Mad Men) als Zeitmillionär.

In Time hat eine aufrüttelnde dystopische Prämisse, die aber leider nicht in einen virtuosen Film übersetzt werden konnte. Das Ergebnis lässt sichtbar werden, dass auch ein Großer nicht immer Großes zu leisten in der Lage ist. Ein wenig ist es schon schade um diese Parabel über eine Welt, in der die Reichen immer reicher werden und die Armen bloß Zeit verlieren.

Justin Timberlake und Amanda Seyfried im Interview