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Und dann der Regen

Und dann der Regen

Und dann der Regen / También la lluvia

| Alexandra Seitz |

Idealistischer Filmemacher scheitert auf Produktions- wie Inhaltsebene an widriger Wirklichkeit.

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Einen authentischen, einen wahren Film über die Landnahme Amerikas wollen sie drehen, einen Film, der das ganze Leiden der Ureinwohner und die ganze Ungerechtigkeit von Eroberung, Kolonialisierung und Missionierung zeigt. Sebastián, der junge, idealistische Regisseur und Costa, sein bereits etwas abgeklärterer Produzent, kommen nach Bolivien, um den Mythos Christoph Columbus vom verklärenden Funkeln des Zivilisationsbringers zu reinigen. Stattdessen soll die ganze verbrecherische Hybris des weißen Mannes sichtbar und seine eigentliche Motivation entlarvt werden: nicht Glauben und gottgefällige Werke, sondern die Gier nach Gold. Doch dann geraten Sebastián, Costa und die anderen mitten in den Wasserkrieg von Cochabamba. Und weil einer der Laiendarsteller, der in ihrem Film den Anführer der sich wehrenden Indios spielt, auf der Straße einer der Rädelsführer der Widerständischen ist, muss das Filmteam auf unvorhergesehen konkrete Weise Stellung beziehen.

Der Wasserkrieg von Cochabamba entzündete sich am Verkauf der Wassernutzungsrechte an die US-amerikanische Bechtel Corporation, der eine explosionsartige Erhöhung der Wasserpreise nach sich zog. Die armen Leute Boliviens wehrten sich, sie gingen auf die Straße und kämpften. Sieben Tote und hunderte Verletzte später endete der Krieg mit der Rücknahme der Privatisierung durch die Regierung im April 2000.

Was Icíar Bollaín mit También la lluvia vorschwebt, liegt auf der Hand: Das historische Geschehen der Kolonialisierung Lateinamerikas soll gespiegelt werden im aktuellen Geschehen der Globalisierung – die wiederum, von dieser Perspektive aus gesehen, ihren neokolonialistischen Charakter preisgibt.

Überzeugenden darstellerischen Leistungen und einer formal ambitionierten Struktur zum Trotz – zu den Film-im-Film-Szenen gesellen sich Making-of-Sequenzen, die eine zusätzliche Ebene der Reflexion einziehen –, schafft es También la lluvia auf Dauer nicht, die Fallgruben der Standard-Dramaturgie zu umgehen. Die schließliche Läuterung des abgeklärten Produzenten, die letztliche Feigheit des idealistischen Regisseurs, der einsame Heroismus des zynischen, versoffenen Stars – zusammen mit der schludrig konstruierten und hektisch inszenierten Auflösung der Ereignisse fungieren all diese Drehbuch-Klischees als ein weiteres Instrument der Ausbeutung. Der Wasserkrieg verkommt zum pittoresken Hintergrund-Prospekt, die Indios zu Stichwortgebern.