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Nachtlärm

| Walter Gasperi |

Nächtliche Autojagd nach einem versehentlich gestohlenen Baby

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Sie schleichen auf Zehenspitzen durch die eigene Wohnung, um jedes Geräusch des Parkettbodens zu vermeiden, sitzen mit Kopfhörern schweigend vor dem Fernseher. Sex wird seit Wochen aufgeschoben, denn einmal ist Livia (Alexandra Maria Lara) und dann wieder Marco (Sebastian Blomberg) viel zu müde. Ein Baby sollte der achtjährigen Beziehung neuen Schwung verleihen, vielleicht sie sogar retten, doch jetzt treibt der neunmonatige Tim das Zürcher Paar vollends in die Krise und an den Rand des physischen und psychischen Zusammenbruchs. Keine Nacht schläft der Kleine durch, nur Autofahrten beruhigen ihn. Bald geht es also auch diese Nacht mit Tim auf dem Rücksitz auf die Straße. Mal schläft das Baby, mal schreit es und vorne wird diskutiert, wie das weitergehen soll. Solche Fragen spielen nach einem Stopp bei einer Raststätte aber keine Rolle mehr. Denn dort „tauschen“ der Kleinkriminelle Jorge (Georg Friedrich)

und sein Date Claire (Carol Schuler) wegen des Regens ihr Motorrad gegen das Auto von Marco und Livia ein, ohne zu bemerken, wen sie da auf dem Rücksitz haben. In Panik klauen die jungen Eltern ihrerseits einen bereitstehenden Wagen und setzen zur Verfolgung an, während der dadurch Bestohlene (Andreas Matti) sich wiederum aufs Motorrad schwingt …

Komödiantisch lassen Regisseur Christoph Schaub und Drehbuchautor Martin Suter Nachtlärm mit leichter Überspitzung einer alltäglichen Situation junger Eltern beginnen. Wie schon in ihrem ersten gemeinsamen Film Giulias Verschwinden sitzen die Dialoge, auch wenn im Alltag kaum jemand so redet. Bestimmte dort aber die äußere Statik einer Geburtstagsfeier in einem Restaurant die Handlung, so setzen Schaub/Suter hier ganz auf Bewegung. Durchgängig auf der Straße spielt ihr Film, mal ist die Kamera bei Marco und Livia, dann wieder bei den „Babydieben“ oder beim an Durchfall leidenden Motorradfahrer.

Sicher werden die drei Erzählstränge verschränkt und mit stets neuen Wendungen die Handlung vorangetrieben. Handwerklich ist das hervorragend gemacht und auch das Ensemble spielt überzeugend. Dennoch lässt dieses Roadmovie den Zuschauer kalt, denn unentschlossen pendelt Nachtlärm zwischen Krimi, Drama und Komödie. Weder Fisch noch Fleisch ist dieser Film, da schon aufgrund des am Anfang eingeschlagenen Erzähltons kaum Zweifel am guten Ende aufkommen können und sich die Sorge um das Baby und damit die Spannung  in Grenzen halten. Weder wird dabei das (schwarz)humorige Potenzial dieser „Entführung“ ansatzweise ausgeschöpft noch das Beziehungsdrama zwingend entwickelt.