Ein Bewegtbildband als peinlicher Beweis spiritueller Ahnungslosigkeit

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Samsara“ (Sanskrit, wörtl.: „beständiges Wandern“) ist die Bezeichnung für den immerwährenden Zyklus des Seins, den Wechsel von Werden und Vergehen, den Kreislauf der Wiedergeburten. Umgangssprachlich verwendet, meint Samsara das weltliche Tun und Treiben der Menschen, ihren unsteten Geist und ihre daraus resultierenden mannigfachen Leiden. Der Begriff ist vor allem in den östlichen Religionen wie Hinduismus und Buddhismus zentral, beinhaltet er doch mit der Möglichkeit des Ausgangs aus dem Rad der Reinkarnation ins Nirvana zugleich die Hoffnung auf Erlösung und Erleuchtung. Seine ikonische bildliche Darstellung findet Samsara im Lamaismus als „Bhavacakra“, oft in Gestalt eines Sandmandalas, das nach seiner Fertigstellung wieder verwischt wird.

Eben damit – Erstellung und Verwischung eines Lebensrad-Sandmandalas durch tibetische Mönche – beginnt und endet Samsara, ein in Super70mm Panavision gedrehter und auf Überwältigung angelegter Bilderbogen-Streifzug quer durch den irdischen Gemüsegarten und das humane Gewusel darin. Das Konzept für diese, von ihnen so genannte „geführte Meditation“ haben sich Ron Fricke und Mark Magidson ausgedacht, auf deren Konto auch schon Baraka (1992) ging (zudem war Fricke am 1982 für Furore sorgenden Koyaanisqatsi beteiligt). Sofort fragt sich: Wer führt? Und worüber wird meditiert? Weitergehend: Haben sich die beiden überhaupt irgendwelche Gedanken zur Ordnung ihres „Schöne Bilder“–Wustes gemacht? Und schließlich: Ist das Ergebnis nun ein Dokumentarfilm oder lupenreiner Eso-Schwulst oder bloßes Schwelgen in Schauwerten? Eins ist Samsara jedenfalls nicht: sinnhaft.

Fricke und Magidson brüsten sich, über fünf Jahre in fünfundzwanzig Ländern auf fünf Kontinenten die tollsten Aufnahmen der tollsten Dinge zusammengesammelt zu haben. Und in der Tat sieht das dann auch alles ziemlich toll aus: die grandiosen Landschaften, die spektakulären Kulturdenkmäler, die pittoresken Eingeborenen, der Blick in die japanische Sexpuppen-Fabrik und der auf das Sargangebot eines afrikanischen Bestattungsunternehmers. Doch nichts davon steht in einem Kontext, und sei es nur der einer Ortsangabe. Stattdessen wird alles einerlei zu einem Bilderbrei an pathetischer Musik-Soße zusammengerührt, der der Erhebung und Selbstbeweihräucherung der menschlichen Spezies dient. Letztlich also der Hybris. Buddha würde sich im Grabe umdrehen.