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Oz the Great and Powerful – Armee des Lichts

Armee des Lichts

| Jörg Schiffauer |

Kinostart: 8. März
Mit „Oz The Great and Powerful“ glückt Sam Raimi die Fortführung einer traditionsreichen Vorlage.

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Es war eine weite Reise, die Sam Raimi unternehmen musste, um von seinen Anfängen in den finsteren Wäldern von The Evil Dead in der farbenfrohen Phantasiewelt von Oz anzukommen. Raimis Debütfilm, eine Low-Budget-Produktion um eine Gruppe junger Leute, die in einer einsamen Hütte im Wald Opfer böser Mächte werden, entwickelte sich rasch zu einer Ikone des Horror-Genres und genießt auch heute noch Kultstatus. Doch der heftige Gore-Anteil des Films führte auch dazu, dass The Evil Dead – trotz eines unverkennbar selbstironischen Untertons – etwa in Deutschland zeitweilig verboten, zensuriert oder unter die berüchtigte Indizierung fiel und von Bildungsbürgern und Tugendwächtern überhaupt für die Wurzel allen Übels auf der Welt angesehen wurde. Es ist also nicht ohne Ironie, dass sich Raimi nun geradezu klassischer Jugendliteratur angenommen hat, zählt doch L. Frank Baums „The Wonderful Wizard of Oz“ – und seine nachfolgenden Bücher über das Phantasieland Oz – insbesondere in den USA zu jenen Standardwerken, mit der Generationen von Kindern aufgewachsen sind. Mit der filmischen Adaption von Victor Fleming aus dem Jahr 1939 wurde The Wizard of Oz endgültig zum Fixstern am populärkulturellen Himmel (und Judy Garland so nebenbei zum Superstar).

Oz The Great and Powerful erzählt nun als eine Art loses Prequel die Vorgeschichte des titelgebenden Zauberers auf seinem Weg nach Oz. Dabei ist der gute Mann eigentlich ein Jahrmarkts-
illusionist namens Oscar Diggs (gespielt von James Franco), der trotz eines großen Egos mit einem Wanderzirkus durch die Provinz von Kansas tingeln muss. Doch eines Tages verschlägt ihn ein Wirbelsturm mitten in das magische Land Oz. Er begegnet sogleich Theodora (Mila Kunis), einer aparten jungen Dame, die ihn bittet, sie in die Smaragdstadt, in der sie mit ihrer Schwester Evanora (Rachel Weisz) herrscht, zu begleiten. Dort angekommen, eröffnen die beiden Oscar, er müsse jener legendäre Zauberer sein, der laut einer Prophezeiung die schwierigen Zeiten, die die Bevölkerung von Oz gerade durchlebt, beenden könne. Verantwortlich dafür sei Glinda, eine gar böse Hexe (Michelle Williams), die von ihm zur Strecke gebracht werden müsse. Weil Oscar sich in der Rolle des mächtigen Zauberers ganz gut gefällt, macht er sich – begleitet von einem geflügelten Äffchen und einem Porzellanmädchen, zwischenzeitlich neu gewonnenen Freunden – auf, der gefürchteten Glinda gegenüberzutreten. Doch die erweist sich als gar nicht so übel, und Oscar dämmert, dass die beiden Schwestern beim Kampf um die Vorherrschaft in Oz ein falsches Spiel mit ihm gespielt haben.

Sam Raimi hat bei der Gestaltung von Oz aus dem Vollen seiner zweifelsfrei großen Vorstellungskraft geschöpft und eine bunte
Phantasiewelt geschaffen, der man die Liebe zum Detail in jedem Kader ansieht. Neben Figuren und Elementen – wie etwa geflügelten Affen oder der Yellow Brick Road – aus der Vorlage, hat Raimi aber auch seiner eigenen Imagination genügend Freiraum – und CGI – gelassen, und das ist durchaus gelungen: mit der phantastischen Welt von Oz gelingt es ihm, eine Atmosphäre kindlicher Poesie im besten Sinn zu generieren. Dass er angesichts phantastischer Sujets nicht vergisst, sanfte Ironie einzustreuen, um nicht in Richtung übertriebenes Pathos abzudriften, hat Raimi ja bereits mit seiner Spider-Man-Trilogie – eine der gelungensten Comic-Verfilmungen überhaupt – hinlänglich unter Beweis gestellt.

Sam Raimis Inszenierung setzt auf eine klassische Dramaturgie, um den Kampf Gut gegen Böse bildmächtig in Szene zu setzen. Mit der Figur des Oscar Diggs hat Raimi jedoch eine durchaus erstaunliche Kontinuität aus seinem Œuvre in Oz weitergeführt. Denn sie gleicht jener aus der Horror-Comedy Army of Darkness (1992), in der der Protagonist Ash – zentraler Charakter von The Evil Dead – durch ein Zeitportal aus dem Amerika der Gegenwart in eine mittelalterliche Welt befördert wird. Dort wird er als der Auserwählte angesehen, der die gequälte Bevölkerung gegen die Armee der Finsternis zum Sieg führen soll. Gleich Ash wird auch Oscar zur Schlüsselfigur im Kampf gegen dunkle Mächte. Und wie er nimmt Oscar – wenn auch zuerst ein wenig zögerlich – seine Verantwortung wahr und führt die Bewohner von Glindas Reich gegen die Kräfte des Bösen ins Feld. Kein leichtes Unterfangen, sind diese Leutchen doch allesamt überzeugte
Pazifisten. Und weil Oscar ja über keine wirklichen Zauberkräfte verfügt, muss er tief in die Trickkiste greifen, um diesen Kampf zu bestehen.

Die Macht der Bilder als erfolgreiche Strategie, um allen Widrigkeiten des Lebens zu begegnen – von Martin Scorsese in Hugo schon erfolgreich in den Vordergrund gerückt – nimmt als Motiv auch in Oz The Great and Powerful einen zentralen Platz ein. Schon zu Beginn wird Oscar Harry Houdini und Thomas Edison als seine Vorbilder benennen, eine mehr als deutliche Vorwegnahme, welche Bedeutung der Illusion – und der Produktion von Illusionen – hier zukommen wird. Und unschwer kann man die Figur des Oscar als eine Art Alter Ego von Sam Raimi erkennen, der als Filmemacher perfekte Illusionen mit tiefgreifender Wirkung hervorbringen möchte. Als Kino-magier ist Raimi ja nicht erst seit Oz ein sehr guter Zauberer.