Kon-Tiki

Filmkritik

Kon-Tiki

| Alexandra Seitz |
Höchst spannender und außerordentlich vergnüglicher Abenteuerfilm

Thor Heyerdahl war – und das muss jetzt einfach sein – kein Tor. Auch wenn das, was er da 1947 unternahm, heute noch Kopfschütteln hervorrufen und einen am Verstand des Mannes zweifeln lassen kann. Heyerdahl (1914-2002), ein junger Naturforscher mit einer Vision, ließ sich auf einem Floß aus Balsaholz 4300 Seemeilen (d.i. fast 8000 Kilometer) vom Humboldtstrom quer über den Pazifik treiben. Die Konstruktion des Floßes orientierte sich an historischen Zeichnungen und verbot die Verwendung moderner Materialien; seines Segels zum Trotz war es nur schwer zu manövrieren. Begleitet wurde Heyerdahl von einer fünfköpfigen Crew, die nicht wirklich eine Ahnung hatte, worauf sie sich einließ, dafür aber voller Tatendrang und Abenteuerlust war. Beweisen wollte der Norweger mit seinem Unterfangen die gewagte und von der wissenschaftlichen Gemeinschaft vehement abgelehnte These, dass Polynesien vor 1500 Jahren von Südamerika aus besiedelt worden war. Das muss man sich mal vorstellen! Den Wahnsinn allein schon dieser Idee! Und dann konnte der Mann noch nicht einmal schwimmen!

Werbung

Jedenfalls läuft nach 101 Tagen Seereise die im peruanischen Callao gestartete, nach dem Schöpfergott der Inka benannte Kon-Tiki am 7. August 1947 vor Raroia im polynesischen Tuamoto-Archipel auf Grund und düpiert die Wissenschaft. Das lässt einen daran denken, dass es zu allen Zeiten Menschen gab, die gegen alle Widerstände wahnwitzige Ideen verfochten und damit die Welt veränderten. Die zur Vermehrung des Wissens beitrugen und – idealerweise – zum besseren Verständnis komplexer Zusammenhänge. Und dass man sich diese Menschen nicht unbedingt als eingetrocknete, bebrillte Gelehrte vorstellen sollte, die kaum einen Bleistift stemmen können, sondern eher wie Erroll Flynn im vollen Devil-may-care-Modus.

In der Tat knüpft Kon-Tiki von Joachim Rønning und Espen Sandberg, in dem die waghalsige Expedition nun ein wenig romantisch verklärend nacherzählt wird, auf schöne Weise an die gute, alte Tradition des Abenteuerfilms an. Die Männer sind knackig, die Haie gefährlich, die Bilder erlesen. Immer ist irgendwo irgendwas los, ständig gibt es etwas zu bestaunen. Und auch wenn das einzige echte Tier im Film der Papagei ist und nicht mal in der Nähe der Originalschauplätze gedreht wurde, sondern meist in einem Wassertank auf Malta, tut das dem Vergnügen an diesem Werk keinen Abbruch. Kon-Tiki meistert die große Kunst der Unterhaltung. Das ist nicht wenig.