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Die Reise zum sichersten Ort der Erde

Filmkritik

Die Reise zum sichersten Ort der Erde

| Walter Gasperi |

Dokumentation über die erfolglose Suche nach einem Endlager für Atommüll

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350.000 Tonnen hochradioaktiver Müll wurden seit Beginn der zivilen Nutzung der Kernenergie in den fünfziger Jahren produziert, und jährlich kommen rund 10.000 Tonnen dazu. Für mindestens 100.000 Jahre muss dieser Abfall sicher gelagert werden, doch bislang wird er nur zwischengelagert oder in Spezialcontainern quer um den Globus verschifft. Der Schweizer Dokumentarfilmer Edgar Hagen begibt sich in Begleitung des Kernphysikers Charles McCombie, der ein entschiedener Befürworter der Kernenergie ist und seit 35 Jahren als Spezialist für das Thema Endlager gilt, auf die Suche nach einem solchen möglichen „sichersten Ort der Erde“.

Von China, wo bis 2020 vierzig neue AKW ihren Betrieb aufnehmen sollen und in der Wüste Gobi derzeit geprüft wird, ob hier radioaktiver Müll endgelagert werden kann, führt die Reise um die halbe Welt. Nicht in der Gegenwart bleibt Hagen dabei stehen, sondern taucht mit einer sorgfältigen Mischung aus Interviews mit Geologen, Politikern und Umweltaktivisten, mit Archivmaterial und heutigen Ansichten der jeweiligen Gebiete in die Geschichte dieser jahrzehntelangen Suche ein.

Hagen polemisiert nicht, sondern nähert sich neugierig und vorurteilsfrei dem Thema. Ruhig und detailliert schildert er die Pläne, die im Lauf der Jahrzehnte in verschiedensten Staaten entworfen und immer wieder verworfen wurden. Mangelnde geologische Sicherheit brachte die einen zu Fall, andere mussten aufgrund des verständlichen Widerstands der Bevölkerung aufgegeben werden. Doch Hagen machte auch Politiker ausfindig, die sich durchaus in ihrem Gebiet ein Endlager vorstellen können, verspricht dies doch Arbeitsplätze und finanzielle Zuschüsse.

Andere Gefahren der Atomkraft werden nicht angesprochen, nie fällt der Name Tschernobyl, Fukushima wird nur einmal kurz erwähnt, denn einziges Thema des Films ist die Frage der Endlagerung. Anders als der Däne Michael Madsen, der seine Dokumentation Into Eternity über das Endlager Onkalo in Finnland mit Sounddesign und gespenstischen Bildern überhöhte, bleibt Hagen sachlich und nüchtern, verzichtet auf filmische Spielereien und beschränkt sich auf die Präsentation der Ergebnisse seiner Recherchen.

Im Gegensatz zur vermeintlichen Sicherheit, die im Titel angesprochen wird, erzeugt der Film dabei zunehmend Verunsicherung und lässt den Zuschauer auch am Ende mit einer Frage und Unsicherheit zurück. Denn keineswegs sicher ist, dass der Platz in der Wüste Gobi alle Kriterien erfüllt, so wird es immer wahrscheinlicher, dass man nie einen sicheren Platz für die Endlagerung von radioaktivem Müll finden wird.