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Filmkritik

Drei Eier im Glas

| Roman Scheiber |
Gehobenes Gaga-Geblödel mit Todesfolge

Der Schlossbesitzer und Extremtourismus-Unternehmer Dragan Kuhl (Christoph Grissemann), das nicht mehr ganz faltenfreie Model Barney Schweinheimer (Dirk Stermann) und der alkoholsüchtige Musiklehrer Michael Kiesel (Heinz Strunk) stellen die Titelfiguren vor. In einem Anfänger-Saxofon-Kurs, den Kiesel ausschließlich für Singles ausrichtet, finden sie zusammen. Leider wird dem heiteren Musizieren der tiefer als ihnen lieb ist in der zweiten Lebenshälfte angekommenen Männer – Fans der Sitcom „Verliebt in eine Leiche“ mit Heidrun Fröhlich (Ursula Strauss) – schon bald durch den pflegebedürftigen, darob nicht weniger garstigen Vater Kiesels (Wolfgang Hübsch) Einhalt geboten. Grund genug, gemeinsam eine Reise zu unternehmen, und weil der Organisator Kuhl heißt, geht es in die Sperrzone eines ehemaligen Atomreaktors in der Ukraine. An diesem Punkt der Geschichte sieht es kurz so aus, als würden Regisseur Antonin Svoboda und seine erbarmungswürdigen Helden mit Drei Eier im Glas dort weitermachen, wo sie mit Immer nie am Meer (2007) angefangen haben. Doch dann geht es zurück nach Wien und erst einmal ins Puff, was die emotionale Basis für eine Wohngemeinschaft legt.

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Jede weitere Inhaltsangabe erübrigt sich, denn die hier exerzierte Form gehobenen Gaga-Geblödels mit hauchzart mediensatirischem wie derb erotischem Einschlag und seelisch entblößender Trauernote spottet im Grunde jeder Beschreibung. Und wenn das Geheimnis, so Schweinheimer in einer lakonisch-sterilen Disco-Choreo der drei Herren im Bademantel, ohnehin „nonverbal“ sei, sollte damit der Spott ausreichend beschrieben sein. Eine gewisse Portion Selbstironie ist der Neigungsgruppe Saxofon natürlich nicht abzusprechen. Deren heimlicher oder, wenn man so will, unheimlicher Mentor heißt übrigens Richard Song (Davis O. Nejo), ist bereits am Anfang tot und hat folgerichtig die Rolle des Rahmenerzählers übernommen.

Der Clou seines Todes soll nicht verraten werden, nur soviel: Kuhls Mutter (Ingrid Burkhard) ist die einst berüchtigte „Ribiselmörderin“. Ein viel wichtigerer Spoiler ist freilich, dass, wer dreimal Jasmin oral bucht im „Glory-Hole“-Laufhaus, nicht notwendig dreimal Jasmin oral kriegt. Und die tragisch poetische Botschaft des entgrenzten Lustspiels, die Kuhl in der Mitte des Films entfährt, sei auch enthüllt: „Die Menschheit ist angezählt, ich sag’s Ihnen, Schweinheimer.“ Einziger Ausweg: Sax up your life!

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