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Erschütternde Wahrheit / Concussion

Filmkritik

Erschütternde Wahrheit / Concussion

| Marietta Steinhart |
Will Smith vs. NFL: zarter Stupser statt kräftiger Stoß
Es dauerte fast sieben Jahre, bis die National Football League bereit war, zu akzeptieren, dass vielleicht etwas dran war an den Forschungen von Dr. Bennet Omalu und seiner Erkenntnis, dass der beliebteste Sport Amerikas auch für den Tod seiner geliebten Helden verantwortlich war. Es benötigte einen Ausländer, einen nigerianischen Neuropathologen, der keinerlei Interesse an Football hatte, die Wahrheit offen auszusprechen. Das ist die bittere Ironie im Herzen von Concussion.

Nach einer Autopsie eines ehemaligen Spielers der Pittsburgh Steelers, Mike Webster (David Morse), kommt Dr. Omalu (Will Smith) zu der Ansicht, dass Webster des Footballs wegen an einer degenerativen Krankheit als Spätfolge von Gehirnerschütterungen litt, die er später „chronisch traumatische Enzephalopathie“ oder CTE nannte. Von vielen als der beste Center in der Geschichte der National Football League gefeiert, war „Iron Mike“ eine Art Gottheit, aber ein Jahrzehnt nach seiner Pensionierung war er in seinem Pick-up-Truck verwahrlost, klebte seine faulen Zähne mit Superkleber fest und betäubte sich mit Elektroschocks. Die NFL ist, wenig überraschend, an den Ergebnissen von Omalu nicht interessiert, und nicht nur das – die Liga tut auch alles, um seine Arbeit zu diffamieren. Denn wie jemand richtig betont: Wenn auch nur zehn Prozent der Eltern in Amerika ihre Söhne nicht Football spielen lassen, wäre der Sport zum Scheitern verurteilt.

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Es ist eine faszinierende Angelegenheit, basierend auf dem „GQ“-Artikel „Brain Game“ von Jeanne Marie Laskas, und es ist deprimierend, wenn wir sehen, wie der Idealismus eines Individuums am System fast zerbricht, aber US-Regisseur Peter Landesman (Parkland) gelingt es nicht, dies effektiv zu inszenieren wie etwa Michael Mann in The Insider. Gerüchte, dass die Filmemacher sich Drohungen der NFL beugten, erwiesen sich als unwahr. Die Liga und ihre Repräsentanten sehen aus wie echte Schurken, bereit, alles zu tun, um ihr Multi-Milliarden-Dollar-Spiel zu schützen, aber die NFL bleibt eine weitgehend anonyme, ominöse Masse, und immer wenn es beginnt, spannend zu werden, wird der narrative Funke mit einer lähmenden Romanze zwischen Omalu und seiner späteren Frau unterbrochen.

Will Smith dominiert den Film und verdient höchstes Lob für seine Performance, ebenso Albert Brooks und Alec Baldwin in nicht unwesentlichen Nebenrollen, aber was ein spektakulärer Sport-Thriller hätte werden können, ist eine idealisierte Migrationsgeschichte mit redundanten Plattitüden über den ultimativen amerikanischen Einwanderungshelden.