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Filmkritik

The Finest Hours

| Alexandra Seitz |
Spannungsreicher und aufrecht altmodischer Film über Männlichkeit und Heldentum auf See

Wie ein Held kommt Bernie Webber zu Beginn nicht gerade daher; würde ihm nicht sein Freund gut zureden, er stiege aus seinem Auto nicht heraus, um hinüberzugehen zu dem Diner, in dem sein Blind Date schon auf ihn wartet. Webber ist schüchtern und zurückhaltend und bescheiden. Und wenn es darauf ankommt, dann ist er der Fels in der Brandung und holt den Karren aus dem Dreck.

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Raymond Sybert hat es auch nicht leicht; die Mannschaft des Öltankers SS Pendleton mag ihn nicht, wohl weil er meist im Maschinenraum und für sich bleibt, weil die Maschine ihm vertrauter ist als der Umgang mit Menschen. Doch als die Pendle-ton vor der Küste von Cape Cod, New England, in einen schweren Sturm gerät und in zwei Hälften bricht, ist er zur Stelle und bewegt den sperrigen Stahlkoloss-Rest mit der Präzision eines Chirurgen in Richtung Land. Damit das Trumm auf einer Sandbank strandet. Damit es von der Küstenwache entdeckt wird. Damit die Überlebenden an Bord gerettet werden. Möglicherweise. Vielleicht.

Zum Glück arbeitet Bernie Webber bei der Küstenwache. Und auch, wenn seine mittlerweile Verlobte nicht begeistert ist: Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss …

32 Schiffbrüchige wurden am 18. Februar 1952 während widrigsten Wetters aus einem Wrackteil auf ein winziges Rettungsboot hinübergerettet, das eigentlich nur für 12 Leute ausgelegt war. Ein tatsächliches Ereignis, das als eine der waghalsigsten Rettungsmissionen in die Geschichte der US-amerikanischen Küstenwache einging und das die Basis bildet für Craig Gillespies wunderbar altmodischen Heldenfilm The Finest Hours.

Chris Pine spielt in der Rolle Webbers eine Art Gegenentwurf zu seinem Star-Trek-Kirk, während Casey Affleck, dessen schmächtige Statur und hohe Stimme bislang eher weniger an kernige Männlichkeit denken ließen, als Sybert wie verwandelt wirkt. Beider Charaktere verankern das aufregende und spannungsreich in Szene gesetzte Geschehen im je individuellen Kampf des Mannes mit Maschine und Naturgewalt.

Freilich wohnt dieser schamlosen Wiedererweckung des traditio-
nellen Rundum-Saubermann-Helden des Hollywood-Kinos der fünfziger Jahre auch etwas reichlich Konservatives inne. Eben deswegen lässt sich The Finest Hours aber auch als Märchen sehen und als Reminiszenz an eine Zeit, in der Männer noch Männer waren, nach denen schmachtende Frauen sich sehnten. Lang ist’s her, und es war wohl damals schon eskapistische Phantasie.