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Julieta

| Roman Scheiber |

Zuviel Drama um eine einzelne Frau

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Der zwanzigste Film von Pedro Almodóvar, das sei gleich einmal vorausgeschickt, zählt nicht zu seinen besten. Indem er die Lebens- und Familiengeschichte einer leidgeprüften Mutter erzählt, bewegt sich der notorische Frauenversteher im Grunde auf sicherem Terrain, und doch lässt er zum wiederholten Mal die emotionale Tiefe früherer Arbeiten vermissen.

Wir lernen die Titelfigur im Alter von 50 Jahren kennen, als sie gerade mit ihrem Lover Lorenzo ein neues Leben in Portugal beginnen will. Doch dann kriegt Julieta durch einen doppelten Zufall ein Lebenszeichen ihrer Tochter Antía, die sie schon seit Jahren nicht gesehen hat. Julieta beschließt, Antía zu schreiben, sie zu suchen. Mit dem Umzug in jenes Viertel Madrids, wo sie mit ihr zuletzt gewohnt hat, beginnt ihre in Voice-over-Briefen und Rückblenden erzählte Geschichte.

So weit, so bekannte Motive bei Almodóvar, doch in Julieta stimmen gleich mehrere Dinge nicht zusammen. Drei Kurzgeschichten der von ihm schon länger favorisierten, kanadischen Schriftstellerin Alice Munro hat der Regisseur, man muss es so sagen, ineinander verramscht. Das ergibt nicht ein dreifaches Drama, sondern ein halbgares, daran ändert auch die verschachtelte Erzählweise nichts. Wie es der Zufall will, und der will viel in diesem Film, wird die junge Julieta auf einer Zugfahrt von einem Mann angesprochen, der sich kurz danach das Leben nimmt. Wenn sie sich nun Vorwürfe macht, ihm die kalte Schulter gezeigt zu haben, ist das nur der erste einer ganzen Reihe von Prüfsteinen und Schuldkomplexen, die dieser armen Frau in die Biografie geknallt werden. Das Problem daran: Das meiste wird bloß behauptet statt gezeigt, nur besprochen statt mittels Bildsprache in die Herzen der Zuschauerinnen und Zuschauer verlängert.

Zudem wird Almodóvar von seiner attraktiven actriz Adriana Ugarte, die die junge Julieta über 13 Lebensjahre darstellt (und dabei immer gleich jung aussieht), sagen wir es vorsichtig: wenig unterstützt. Sie wird mitten in einer Rückblende durch die ältere Julieta (Emma Suárez) ersetzt – im Gegensatz zu einer

anderen, von Inma Cuesta durchgespielten Figur –, was einen weiteren Punkt markiert, an dem die Glaubwürdigkeit der Geschichte einem gekünstelten Stresstest unterzogen wird. Schließlich können auch Almodóvars Gefühl für Farben, Interieur und Ausstattungsdetails und ein halboffenes Ende nichts mehr retten. Wenn man es polemisch ausdrücken mag: Rosamunde Pilcher für Fortgeschrittene.

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