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Verräter wie wir / Our Kind of Traitor

| Jörg Schiffauer |

Ein harmloser Professor gerät zwischen die Fronten von Geheimdienst und Verbrechersyndikat.

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John le Carré hat mit seinem Œuvre den Spionageroman zweifellos auf ein höheres literarisches Niveau zu heben verstanden. Seine Bücher zeichnen sich nicht nur durch eine genaue Kenntnis des beschriebenen Milieus aus – David John Moore Cornwell, wie der Schriftsteller eigentlich heißt, arbeitete in den fünfziger Jahren selbst für den britischen Geheimdienst – sondern auch durch ambivalente, ausgesprochen nuanciert gezeichnete Charaktere, die über die Schablone des Gut-Böse-Schemas, die in derartigen Romanen oft gepflegt wird, weit hinausreichen. Weil sich seine Romane zudem auch mit grundsätzlichen Fragen moralischer Natur befassen, hatte John le Carré auch nach dem Ende des Kalten Kriegs, der zunächst den Nukleus seiner Geschichten bildete, wenig Probleme in den Untiefen von internationaler Politik und globaler Wirtschaft spannende Sujets zu finden.

Im Mittelpunkt des 2010 veröffentlichten und nun unter dem gleichen Titel verfilmten „Our Kind of Traitor“ steht also das organisierte Verbrechen in Gestalt eines Finanzexperten namens Dima, der über Jahre hinweg Geld, das ein russischer Oligarch durch kriminelle Aktivitäten erwirtschaftete, gewaschen hat. Als jedoch dessen Sohn das verbrecherische Imperium übernimmt, weht ein ganz anderer Wind – Dima (Stellan Skarsgård) fürchtet, als unliebsamer Mitwisser samt seiner Familie beseitigt zu werden. Weil er bereits permanent überwacht wird, entschließt er sich zu einer Verzweiflungsaktion, er freundet sich während eines Urlaubs in Marokko scheinbar zufällig mit dem Literaturprofessor Perry (Ewan McGregor) an. Der soll Kontakt mit dem britischen Geheimdienst aufnehmen, dem Dima brisante Informationen über korrupte Politiker im Vereinigten Königreich übergeben will, um so sich und seiner Familie Asyl zu verschaffen. Weil Perry tatsächlich jener aufrechte Mann ist, für den Dima ihn hält, lässt er sich auf den riskanten Plan ein – ohne ahnen zu können, dass er damit in ein undurchschaubares Geflecht von gegensätzlichen Interessenslagen innerhalb des Geheimdiensts verstrickt wird.

Etliche Verfilmungen von John le Carrés Büchern waren nicht nur kongeniale Adaptionen der Romanvorlagen, die sich über das Genre hinaus als stilbildende Regiearbeiten – von Martin Ritts The Spy Who Came in from the Cold bis zu Tomas Alfredsons Tinker Tailor Soldier Spy – erwiesen. So viel Glück hat der Autor mit Our Kind of Traitor nicht. Susanna Whites Inszenierung ist grundsolides, durchaus spannendes Genrekino, doch mangelt es ihrer Adaption an jener besonderen „auteurship“, dass die besten le Carré-Verfilmungen zu so unverwechselbaren Glanzstücken macht.

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