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The Purge – Election Year

| Marietta Steinhart |

Wenn „The Purge“ noch einen Reiz hat, dann wegen seiner unwiderstehlichen Idee.

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Die Prämisse ist wohlbekannt: Einmal im Jahr für zwölf Stunden können alle Amerikaner ihrer Gier nach Blut im Namen des nationalen Wohlstands freie Luft verschaffen. Im Mittelpunkt des dritten Teils der Purge-Reihe steht die Präsidentschaftskandidatin Charlie Roan (ein bisschen fade: Elizabeth Mitchell), die fest entschlossen ist, dieser Tradition nach 25 Jahren ein Ende zu bereiten und deshalb im Fadenkreuz der Opposition steht. Zum Glück hat sie ihren Sicherheitschef Leo Barnes (Frank Grillo aus dem bisher besten Teil) an ihrer Seite. Grillo ist genau der richtige Mann für diese Rolle, ein nachdenklich harter Kerl, der Pistolenkugeln aus seiner Schulter ziehen kann. Ihm zur Seite stehen ein afroamerikanischer Deli-Besitzer (Mykelti Williamson), dessen treuer Lieferant (Joseph Julian Soria) und eine taffe Samariterin (Betty Gabriel). Es gibt auch eine Gruppe von Rebellen, im Wesentlichen eine militante Version der Black-Lives-Matter-Bewegung. Unterdessen hagelt es sogenannte „Mordtouristen“ aus Russland und Südafrika, die für den kollektiven Aderlass gekommen sind. Amerika, fuck yeah!

In der Purge-Trilogie ist Gewalt zu einem Pfeiler der Bürgerpflicht geworden. Das ist nicht nur ziemlich pervers, sondern auch sehr relevant. Doch was 2013 mit einem Home-Invasion-Thriller begann, ist im Endeffekt zu fetischisiert, um im Wahljahr ein ernsthafter Aufschrei gegen eine Kultur im Krieg sein zu können. Es braucht nicht mehr als ein paar Gehirnzellen, um die Punkte mit dem aktuellen gesellschaftspolitischen Klima in den USA zu verbinden. Die Machthaber sind geldgierige Ausbeuter, die es für die Unterschicht und im Besonderen für die schwarze Bevölkerung unmöglich machen, den amerikanischen Traum zu verwirklichen.

Einige Momente sind ein großer Spaß, etwa eine Gruppe von Mädchen, angeführt von einer frühreifen Plünderin, die in einem rosa Tütü auftaucht, während Miley Cyrus’ „Party in the USA“ aus dem Autoradio dröhnt. Diese und andere Mörder scheinen ihr Zubehör einem Halloween-Laden entlehnt zu haben. The Purge: Election Year ist nicht die anspruchsvollste Sozialsatire, aber es ist nie weniger als unterhaltsam, und James DeMonaco, der den Film geschrieben und inszeniert hat, ist ein fähiger Schöpfer albtraumartiger Tableaus. Vermutlich ist er auch selbstreflexiv genug, um zu wissen, dass sein Film eine ähnliche Funktion übernimmt wie besagte „Säuberung“:
Er schwelgt in Gewalt, während er sie explizit anprangert. Das ist nun einmal das Schicksal von The Purge.

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