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Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Filmkritik

Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

| Alexandra Seitz |
Hochtourig-exzentrisches Party-People-Porträt mit viel Herz und Humor

Kauf Dir mal ’ne Tüte Deutsch!“ Das sagt Raimund immer, wenn wieder einmal einer seiner Kollegen den Relativsatz nicht richtig anschließt. Dabei kann so ein verpatzter Satzanschluss durchaus vorkommen, wenn man seit fast 30 Jahren Party macht. Wenn man erst zu Wendezeiten den Berliner Tekkno miterfindet, dann als Berliner Tekknomiterfinder abgefeiert wird und dann als Promoter, Manager, Label- und Clubinhaber „mit Geld zugeschissen“ wird – so jedenfalls Raimund zu Charlie, den er zufällig in einem Hamburger Café trifft. Charlie war dereinst an vorderster Partyfront mit dabei, er machte coole Kunst und spielte die Bohrmaschine in der legendären Band Glitterschnitter. Bis es ihn aus der Kurve trug und er in der Klapse landete und zwar so richtig; inzwischen lebt Charlie in einer therapeutisch betreuten WG und arbeitet in einem Kinderkurheim als Mädchen für alles.

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Dieser von Charly Hübner mit seelenvoller Ruhe dargestellte, vom Leben etwas angeschlagene Mann ist der Titelheld von Magical Mystery. Und Arne Feldhusens Verfilmung des 2013 erschienenen, gleichnamigen Romans von Sven Regener ist eine übermütige Komödie, die dem gehobenen Blödsinn huldigt und dabei doch ganz ernsthaft und sehr liebevoll von einer Rettung durch Freundschaft erzählt. Denn Raimund und dessen Kompagnon Ferdi, auch er ein Tekkno/Party-Urgestein vormaliger Zeiten, heuern Charlie an, sie und eine Gruppe DJs auf einer Tour durch Deutschlands Raves zu begleiten. Genauer gesagt soll der immer nüchterne Charlie sicherstellen, dass die ewig bedröhnten DJs zum rechten Zeitpunkt am rechten Ort für die gebuchten BPMs sorgen. Charlie fährt also nicht nur den Tourbus, Charlie ist der Herbergsvater; fürsorglich hält er sein Fähnlein beieinander, während ihm zugleich inmitten des hemmungslos hedonistischen Treibens die eigene Fassung immer wieder zu entgleiten droht. Und dann ist da auch noch die eigenwillige Rosa, dargestellt von Annika Meier, die als Teil des wie entfesselt aufspielenden Ensembles lakonisch Glanzlichter ins Charlies Herz setzt.

Was an Magical Mystery unbedingt überzeugt, ist die Selbstverständlichkeit, mit der hier völlig unterschiedliche Lebensentwürfe ineinander geflochten werden: mit der die Extase tausender Rave-Enthusiasten das Lebensgewurstel der DJ-Rauschkugeln umschließt, die wiederum den stocknüchternen Charlie behüten, der sich einstweilen um die Meerschweinchen kümmert. Geht alles. Muss man nur wollen.