Filmkritik

Alpha

| Jörg Schiffauer |

Die Entstehung einer wunderbaren Freundschaft

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Ziemlich rau waren die Lebensbedingungen auf unserem Planeten vor etwa 20.000 Jahren. Die letzte Eiszeit geht zwar langsam ihrem Ende entgegen, doch noch herrscht ein höchst frostiges Klima, was das Dasein der damals vorherrschenden Cro-Magnon-Menschen einigermaßen schwierig macht. Das Prinzip des Survival-of-the-Fittest herrscht vor und wird rigide zur Anwendung gebracht. Eine Härte, mit der sich auch ein junger Mann namens Keda (Kodi Smit-McPhee) vertraut machen muss, als er das erste Mal mit seinem Stamm auf die Jagd geht. Doch die Feuertaufe nimmt gleich einmal ein böses Ende, denn Keda stürzt in eine tiefe Schlucht und wird, von seinen Gefährten für tot gehalten, zurückgelassen. Doch der junge Mann übersteht den Fall wundersamerweise, schlägt sich nun allein durch die unwirtliche Landschaft. Bei der Abwehr eines hungrigen Wolfsrudels verletzt er einen der Angreifer, doch beim Anblick des verwundeten Tiers regt sich sein Mitgefühl. Entgegen allem, was Keda

beigebracht wurde, tötet er den Wolf nicht sondern versorgt seine Wunden. Nach einigen Startschwierigkeiten nähern sich die beiden an, das ungleiche Duo bildet nach und nach eine Gemeinschaft, was sich angesichts der überall lauernden Gefahren als höchst nützlich erweist.

Als bildgewaltiges Epos mit archaischer Wucht setzt Albert Hughes seine Version eines frühen Kapitels der Menschheitsgeschichte in Szene. Dass die Entwicklung vom Wolf zum Hund samt Domestizierung des besten Freunds der Menschen dramaturgisch bedingt auf ein paar Wochen verknappt wird, muss man als narrative Vorbedingung ebenso erst einmal akzeptieren wie das prähistorische Szenario. Dass dies zunächst visuell beeindruckend gelingt, ist neben CGI auch den Bildern von Martin Gschlacht, seit Jahren der führende DP des österreichischen Films, wesentlich geschuldet. Hughes, der sich seine Meriten – im Zusammenspiel mit seinem Zwillingsbruder Allen – mit einem brutal authentischen Blick auf die Verhältnisse in Watts, einem Viertel in Los Angeles (Menace II Society), einer Variation des Jack-the-Ripper-Motivs (From Hell) und postapokaylptischer Action (The Book of Eli) verdient hat, begnügt sich aber nicht damit, Alpha – der Titel bezieht sich übrigens auf den Namen des Wolfs – als aktionsgeladenes Spektakel in Szene zu setzen. Zwischen allen dramatischen Höhepunkten setzt sich nämlich im Verlauf der Annäherung zwischen Mensch und Wolf/Hund die Erkenntnis durch, dass es eben nicht der höchste Grad zivilisatorischer Entwicklung ist, jedem Geschöpf erst einmal kräftig auf den Schädel zu hauen – eine Einsicht, über die heutzutage offensichtlich keine Einstimmigkeit mehr herrscht.