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1 Mord für 2 / Sleuth – Michael Caine

Filmkritik

1 Mord für 2

| Thomas Abeltshauser |

Kammerspiel nach einem Drehbuch von Nobelpreisträger Harold Pinter als brillanter Schlagabtausch zweier Schauspieler-Generationen.

Das Kino lebt von Täuschung, Tricks und Obsessionen. Von alledem bietet Sleuth, das von Kenneth Branagh inszenierte Zweipersonendrama, mehr als reichlich. Sleuth ist das Psychoduell zweier Männer: ein egozentrischer, in die Jahre gekommener Schriftsteller und ein junger Schnösel, der ihm die Frau ausgespannt hat. Bestsellerautor Andrew Wyke (Michael Caine) lädt seinen Rivalen Milo Tindle (Jude Law) in die abgelegene Designervilla und eröffnet dort den verbalen Zweikampf. Die Grundsituation ist minimalistisch und klassisches Kammerspiel: Zwei Männer, ein Haus, knapp 90 Minuten Pas de deux der perfiden Beleidigungen. Die Frau, um die es geht, spielt keine Rolle.

Der Schlagabtausch beruht auf einem Theaterstück von Anthony Shaffer, das bereits 1973 unter dem deutschen Titel Mord mit kleinen Fehlern von Joseph L. Mankiewicz verfilmt und nun von Nobelpreisträger Harold Pinter adaptiert wurde. Leider versucht Regisseur Kenneth Branagh, das starke Stück durch technische Spielereien, wie Überwachungskameras und den fast obsessiven Gebrauch exzentrischer Kameraperspektiven, zu modernisieren, anstatt sich auf Pinters messerscharfe Dialoge zu verlassen. Eine kleine Obsession hat offensichtlich auch Hauptdarsteller und Produzent Jude Law. Bereits vor vier Jahren trat er in Michael Caines Fußstapfen und spielte den Lebemann Alfie im gleichnamigen Remake des Sixties-Klassikers, ließ dabei aber die Melancholie und Verzweiflung vermissen, die Michael Caine als ewig einsamer Wolf stilsicher zu verkörpern wusste. Für die Sleuth-Neuverfilmung engagierte Jude Law nun gleich einen der Hauptdarsteller von 1973. Caine spielte damals den jungen Draufgänger (neben Laurence Olivier) und übernimmt nun selbst die Rolle des alten, versnobten Schriftstellers.

Der Film wird dadurch auch zum Kräftemessen zweier Schauspielstars: Caine, Jahrgang 1933, einer, der sich aus der Arbeiterklasse hochgearbeitet hat, zweifacher Oscar-Gewinner und in den Sechziger Jahren neben Sean Connery der populärste Kinoheld Großbritanniens. Daneben Law, Jahrgang 1972, Lehrerkind und seit Ende der Neunziger metrosexueller Neodandy mit Drang zum Anspruchsvollen. Die beiden hauen sich Gemeinheiten im Zehnsekundentakt um die Ohren, doch ebenbürtig ist dieser Kampf nicht: Law zieht im Mimenduell den Kürzeren. Er wirkt zu bemüht, macht immer ein bisschen zu viel des Guten, während bei Michael Caine oft ein Blick reicht, ein Zucken im Mundwickel. Der Alte hat ganz klar die besseren Tricks.