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3freunde2feinde

Filmkritik

3freunde2feinde

| Oliver Stangl |
Die Verhältnisse, sie sind nicht so: Sebastian Brauneis' Low-Budget-Satire attackiert prekäre Arbeitsverhältnisse und durchstreift dazwischen das nächtliche Wien.

Also, in diesem Film gibt es böse Chefleute, die die Ausbeuter symbolisieren (2 Feinde) und die unterdrückten, prekären Ausgebeuteten (3 Freunde; Franzi, Emil, Johanna), die auf Rache sinnen. Besondere Geistesriesen sind weder die einen noch die anderen, die Besitzenden haben eben mehr Mittel und größere Skrupellosigkeit. Als in der Firma, die unspezifierte gefährliche Ware vertreibt und bei der die Protagonisten hackeln, ein schmieriger Typ in die Chefposition gehievt wird und seine Antrittsrede hält, spielt man diesem mit Einwürfen von der Seitenlinie einen Streich. Die Folge: eine interne Untersuchung. Nachts wollen Franzi und Emil Johanna dabei helfen, ihre gestohlene Handtasche wiederzufinden. Am Morgen danach stellt sich für das Trio allerdings die Frage, ob Existenz- und Jobangst stärker sind als Freundschaft …

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Sebastian Brauneis, der als Regisseur, Autor, Ko-Kameramann und Produzent fungierte, hat seinen Film ohne Förderungen umgesetzt, was vielleicht auch ein wenig über die beruflich-finanzielle Situation der hiesigen Filmszene erzählt. Für seine Systemkritik hat er eine Tonlage gewählt, die irgendwo zwischen Satire und Farce liegt, wobei sich auch ein klein wenig Drama einschleicht. Gepfeffert ist das Ganze mit Zitaten: Lassen das Thema selbst sowie die Grellheit des Humors mitunter ein wenig an die Stücke Werner Schwabs denken, ist es vor allem der französische Film der sechziger Jahre, der hier nicht weit weg ist. Wenn die Charaktere plötzlich beginnen, Pop-Chansons zu singen, erinnert das beispielsweise an den frühen Godard (der damals ja auch ein ziemlicher Kapitalismuskritiker war). Dazwischen ist noch Platz für Jean-Pierre Melville – und Vogelsymbolik: In einer Szene imitiert Protagonist Emil die Rituale des Berufskillers Jef Costello aus Melvilles Le samouraï. Ist der Kanarienvogel bei Melville eher ein Symbol für das Eingesperrtsein in einem psychologischen Sinn, ist der Käfig bei Brauneis gleich ganz leer. Die Szene korrespondiert mit dem Filmbeginn, als sich Johanna in der Auslage einer Zoohandlung Vögel ansieht, den geplanten Kauf jedoch nicht mehr umsetzen kann, weil ihr, wie schon erwähnt, die Handtasche gestohlen wird. Für die Gefangenen des Systems gibt es hier also weder Spatz in der Hand noch Taube auf dem Dach.

Dass Brauneis den Film so gut wie außerhalb des Fördersystems umgesetzt hat, verdient natürlich ein „Chapeau!“, zudem gibt es immer wieder Sequenzen, die mit bösem Humor bestechen; besonders gelungen ist eine Szene, in der die Fabriksbelegschaft die anonymen Beschimpfungen gegen den Chef vor der Kamera wiederholen muss – zu den immer leidenschaftlicheren Regieanweisungen des übergangenen Chef-Kandidaten. Insgesamt sind 109 Minuten vielleicht ein Euzerl zu viel an Laufzeit geworden, und auch der eine oder andere Zwischenton hätte eventuell nicht geschadet. Gegen Ende hin gibt es ein zu viel an Didaktik (Patriarchat böse – sogar die Phrase vom „alten weißen Mann“ fällt), und wenn Brauneis auch noch eine Sexismusdebatte eröffnet, überfrachtet er den Film, mutiert die Satire zum Holzhammer. Doch die Szenen, in denen die Freunde im nächtlichen Wien nach Johannas gestohlener Handtasche suchen und dabei Lokale vom Tanzcafé Jenseits bis zum urigen Gasthaus durchstreifen (manches in unmittelbarer, dokumentarischer Manier), entschädigen für Mankos. Apropos Arbeitswelt: Das Gros der Schauspieler verrichtet seinen Dienst sehr zufriedenstellend, wobei sich besonders Christoph Kohlbacher als Ex-Drogensüchtiger Franzi mit einer schönen Mischung aus Naivität und Schmäh immer wieder in den Vordergrund zu spielen vermag.