Zwei Truthähne und ihre Mission, die die Weltgeschichte verändern soll
Der vierte Donnerstag im November zählt in den USA zu den großen Feiertagen. Zu den Fixpunkten dieser Form des Erntedankfestes zählen neben einer großen Familienzusammenkunft und dem Anschauen eines Footballspiels vor allem ein opulentes Festmahl, dessen Hauptgang aus gebratenem Truthahn besteht. Kein Wunder, dass Thanksgiving zu den traditionellen Festen der US-amerikanischen Gesellschaft geworden ist. Weit weniger freudig blickt man dem Tag entgegen, wenn man als Truthahn herumläuft. Zählt man dann noch zu den intelligenteren Exemplaren dieser Spezies – wie etwa Reggie, einer der Protagonisten von Free Birds – , die durchschaut haben, was einem an diesem Tag blüht, ist Thanksgiving die reinste Horrorvorstellung.
Weil jedoch Überbringer schlechter Nachrichten nicht besonders beliebt sind, ergeht es Reggie wie weiland Kassandra in Troja: Seine Warnungen werden von den anderen Truthähnen missachtet und er knapp vor Thanksgiving aus dem Stall geworfen. Doch ausgerechnet dadurch wird Reggie als jener glückliche Truthahn auserkoren, der alljährlich vom Präsidenten persönlich begnadigt wird. Also findet sich Reggie auf dem Refugium des Staatsoberhaupts in Camp David wieder, wo er ein unbeschwertes Leben bis ans natürliche Ende seiner Tage führen könnte. Doch unversehens steht ein Truthahn namens Jake vor seiner Tür, der sich auf einer Mission zur Rettung aller Artgenossen befindet und den verblüfften Reggie für die „Turkey Freedom Front“ zwangsrekrutiert. Deren einfacher Plan: Eine Reise zurück in der Zeit, um die Tradition des Thanksgiving erst gar nicht aufkommen zu lassen. Praktischerweise findet gerade in Camp David ein streng geheimes Zeitreise-Experiment statt, das Jake und Reggie nutzen, um ins New England des Jahres 1621 zu reisen und bei den Pilgervätern erst gar keinen Appetit auf Truthahn aufkommen zu lassen.
Die wunderbare Welt der Animation ist bekanntlich von schillernden Protagonisten unterschiedlichster Provenienz bevölkert: von Haien und kleinen Fischen über bunte Papageien bis hin zu wilden und freundlichen Kreaturen aus der Eiszeit reicht die Palette. Sprechende Truthähne reihen sich da gut ein, vor allem, wenn sie – wie in diesem Fall – als tragende Figuren eines höchst vergnüglichen Plots zum Einsatz kommen. Um das erprobte Motiv der Zeitreise wird in Free Birds eine witzige und spannende Geschichte generiert, die von originellen Charakteren und fein gesetzten Pointen getragen wird. Dass dabei auch Raum und Zeit für jede Menge Zitate aus der Filmgeschichte – von The Devil at 4 O’Clock bis Avatar – bleibt und eine humanistische Botschaft unaufdringlich einfließen kann, macht Free Birds zu einer komplett runden Sache. Truthahn ist auf jeden Fall für alle Zeiten vom Speiseplan gestrichen!