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Filmkritik

Everyday Rebellion

| Oliver Stangl |
Anleitungen zum Widerstand

Dass es stets neu aufflammende globale Proteste gegen repressive politische und religiöse Systeme, gegen Sexismus oder den Abbau von sozialen Standards gibt, hat wohl jeder mitbekommen, der sich nicht völlig von der Außen- und Medienwelt abgeschottet hat. Doch wie die Mechanismen des Widerstands und des zivilen Ungehorsams konkret aussehen, wird in den Medien mit wenigen Ausnahmen meist nur am Rande thematisiert. Die Brüder Arash T. Riahi (Ein Augenblick Freiheit) und Arman T. Riahi (Schwarzkopf) – die als Kinder Anfang der achtziger Jahre selbst mit ihren politisch verfolgten Eltern aus dem Iran fliehen mussten – reisten, von der These ausgehend, dass gewaltloser Widerstand die effektivste Protestmethode ist, um die Welt, sahen sich in Krisenherden um und trafen Aktivistinnen und Aktivisten.

Darunter finden sich bekannte Gruppen wie Femen, Occupy oder die Indignados, aber auch Aktivisten aus dem medial eher wenig präsenten Damaskus. Die Regisseure stießen dabei auf Methoden des Widerstands, die in ihrer Kreativität schier unbegrenzt sind. So erläutert etwa Andy Bichlbaum, Teil des Aktivistenkollektivs The Yes Men, dass Humor eine der stärksten Waffen ist – schließlich sei es noch nie populär gewesen, Clowns zu attackieren, weil der Attackierende dadurch schlecht dastehe. Man wird Zeuge, wie sich Occupy-Aktivisten durch Codes verständigen oder die Londoner Gruppe Everything Is OK Polizisten umarmt. Doch man sieht auch drastische Bilder, wie den Tod der iranischen Demonstrantin Neda oder die Verhaftung von Rollstuhlfahrern in New York. Theoretisch (aber auch praktisch) fundiert wird der Film durch Gespräche mit Aktivisten wie dem Serben Srdja Popovic, der maßgeblich an der Otpor!-Bewegung beteiligt war, die zum Sturz von Slobodan Milosevic führte. Dem Umstand, dass Everyday Rebellion politische Zusammenhänge nur anreißen kann, wird dadurch begegnet, dass der Film nur ein Teil eines größeren Ganzen ist: Das Projekt wird durch eine Web-Plattform ergänzt, auf der man Methoden zum gewaltlosen Widerstand teilen kann; darüber hinaus gibt es interaktive Tools, wie beispielsweise Smartphone-Applikationen zur Unterstützung von Aktivistinnen und Aktivisten. Ein engagiertes Projekt, vielleicht eine kleine Spur zu dicht mit Information vollgepackt, doch immer wieder mit starken Bildern versehen, ansprechend montiert und von Sympathie für die Unterdrückten geprägt. Wer eine gewaltlose Revolution plant, sollte sich diesen Film ansehen. Wer weiß, vielleicht wird auch in dem einen oder anderen gelernten Österreicher der Widerstandsfunke entzündet.